Stell dir vor, du bist in einem großen, bunten Süßwarenladen. Überall um dich herum gibt es verlockende Süßigkeiten in allen Farben und Formen. Dieses Gefühl der Faszination und des Überwältigtseins kann ähnlich sein, wie es Menschen mit Kaufsucht erleben. Sie werden von der Vielfalt und dem Reiz der Produkte in der Welt des Konsums angezogen, oft ohne zu merken, wie tief sie in diesen Sog hineingeraten.
In diesem Artikel tauchen wir in die Welt der Kaufsucht ein. Du wirst lernen, was Kaufsucht wirklich ist, wie man sie erkennt und wie sie diagnostiziert wird. Außerdem betrachten wir die Gründe, warum Menschen in diese Spirale geraten, und besprechen, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt. Ziel ist es, ein umfassendes Verständnis für dieses oft missverstandene Thema zu schaffen und Wege aufzuzeigen, wie Betroffene Unterstützung finden können.
Zusammenfassung:
- Definition und Diagnose: Kaufsucht ist eine Verhaltenssucht, die durch zwanghaftes, unkontrollierbares Einkaufsverhalten charakterisiert ist und oft mit emotionalen und psychologischen Problemen verbunden ist.
- Ursachen und Risikofaktoren: Kaufsucht wird durch eine Kombination aus psychologischen, sozialen und persönlichen Faktoren beeinflusst, darunter niedriges Selbstwertgefühl, Materialismus und der Einfluss von Werbung.
- Behandlungsmöglichkeiten: Wirksame Behandlungsmethoden umfassen Psychotherapie, Verhaltensänderungen, Finanzberatung und in manchen Fällen Medikamente, wobei der Schwerpunkt auf dem Erlernen gesunder Bewältigungsmechanismen liegt.
Kaufsucht – Was ist das?
Kaufsucht, auch als Oniomanie bekannt, ist eine Verhaltenssucht, die sich durch zwanghaftes Kaufen auszeichnet. Es ist ein Mittel, um positive Gefühle zu erzeugen und negativen Emotionen wie Angst und Depression zu entfliehen. Wie andere Verhaltenssüchte kann auch die Kaufsucht zu einer Besessenheit werden, die sich negativ auf andere Lebensbereiche auswirkt. Stell dir vor, du könntest nicht widerstehen, immer wieder etwas zu kaufen, selbst wenn du es nicht brauchst oder es dir nicht leisten kannst. Diese Unfähigkeit zu widerstehen, selbst wenn negative Konsequenzen drohen, ist ein Kennzeichen der Kaufsucht.
In unserer von Konsum geprägten Gesellschaft wird Kaufen oft als Weg zum Glück dargestellt. Dies fördert ein Umfeld, in dem Kaufsucht als sozial akzeptable Sucht angesehen wird. In Deutschland zeigen Studien, dass etwa 5-8% der Bevölkerung Tendenzen zur Kaufsucht aufweisen, wobei die genauen Zahlen je nach Studie und Definition der Kaufsucht variieren.
Mythen und Missverständnisse
Es gibt viele Mythen über Kaufsucht. Ein weit verbreiteter ist, dass es sich nur um ein Problem mangelnder Selbstkontrolle handelt. In Wirklichkeit ist Kaufsucht eine komplexe Störung, die mit emotionalen und psychologischen Problemen verknüpft ist. Ein weiterer Mythos ist, dass Kaufsucht nur Frauen betrifft. Tatsächlich kann sie Menschen aller Geschlechter und Hintergründe betreffen. Außerdem wird oft angenommen, dass Menschen mit Kaufsucht immer hohe Schulden haben. Dies ist nicht immer der Fall, da einige Betroffene über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, um ihre Kaufgewohnheiten zu unterstützen.
Gesundes vs. Ungesundes Kaufverhalten
Beim Einkaufen gibt es eine klare Grenze zwischen gesundem Verhalten und einer Kaufsucht. Der Hauptunterschied liegt darin, wie das Einkaufen in das Leben einer Person integriert ist und welche Rolle es spielt.
Gesundes Kaufverhalten | Ungesundes Kaufverhalten |
Bedarfsorientiert: Bei normalem Einkaufsverhalten werden Artikel gekauft, die benötigt und verwendet werden. | Unnötige Käufe: Oft werden Dinge gekauft, die weder benötigt noch verwendet werden. |
Ohne Zwang: Es gibt kein Gefühl der Notwendigkeit oder des Zwangs, etwas zu kaufen. | Zwanghaftes Verhalten: Einkaufen wird zu einem zwanghaften Verhalten, das schwer zu kontrollieren ist. |
Keine finanziellen Probleme: Das Einkaufen führt nicht zu finanziellen Schwierigkeiten oder Stress. | Finanzielle Probleme: Dieses Verhalten führt oft zu finanziellen Schwierigkeiten und Schulden. |
Ständiges Überkaufen: Ein konstantes Bedürfnis zu kaufen, auch wenn es nicht nötig ist. |
Wie bei anderen Süchten können durch Kaufsucht finanzielle Probleme entstehen und Beziehungen belastet werden. Personen mit einer Kaufsucht, oft als „Shopaholics“ bezeichnet, fühlen sich unfähig, ihr Ausgabeverhalten zu stoppen oder zu kontrollieren.
Online-Kaufsucht
Eine besondere Form der Kaufsucht ist die Online-Kaufsucht, die als Teil der Internetabhängigkeit angesehen wird. Menschen mit sozialer Angst sind besonders anfällig für diese Art der Sucht, da sie keinen direkten Kontakt erfordert. Wie bei anderen Cyber-Abhängigkeiten wirkt sie anonym und bietet somit eine vermeintlich risikofreie Umgebung.
Kaufsucht: Symptome & Anzeichen
Kaufsucht zeigt sich durch verschiedene Symptome, die weit über normales Einkaufsverhalten hinausgehen:
- Ständiges Denken an geplante Käufe: Eine anhaltende Fixierung auf zukünftige Einkäufe.
- Unfähigkeit, das zwanghafte Einkaufen zu stoppen: Ein Gefühl der Hilflosigkeit gegenüber dem Kaufdrang.
- Euphorie nach dem Kauf: Ein intensives Hochgefühl nach dem Einkaufen.
- Reue oder Schuldgefühle: Bedauern über getätigte Käufe und finanzielle Auswirkungen.
- Finanzielle Probleme: Schwierigkeiten bei der Begleichung von Schulden aufgrund von Überkonsum.
- Lügen über Einkäufe: Verschleierung der wahren Ausmaße des Einkaufsverhaltens.
- Anhäufen neuer Kreditkarten: Eröffnen neuer Kreditlinien, ohne bestehende Schulden zu tilgen.
- Kaufen unnötiger Dinge: Erwerb von Artikeln, die weder benötigt noch verwendet werden.
- Einkaufen als Reaktion auf Stress oder Traurigkeit: Kaufhandlungen als Bewältigungsstrategie für negative Emotionen.
Kaufsucht kann sowohl impulsives als auch zwanghaftes Ausgabeverhalten beinhalten, das lediglich kurzfristige Befriedigung verschafft. Oft fühlen sich Betroffene nach einem Einkauf leer und unbefriedigt, was zu weiterem Konsum anregt.
Kaufsucht: Diagnose nach ICD-11
Kaufsucht, oder Compulsive Buying Disorder (CBD), wird in der ICD-11, der 11. Revision der Internationalen Klassifikation der Krankheiten, als eine spezifische Form der Impulskontrollstörung klassifiziert (Code: 6C7Y).
Diagnosekriterien:
- Übermäßige Beschäftigung mit dem Kauf: Eine starke Fixierung auf Kaufaktivitäten.
- Leid oder Beeinträchtigung: Das Kaufverhalten führt zu persönlichem oder sozialem Leid und Beeinträchtigungen.
- Nicht auf manische Episoden beschränkt: Kaufsucht ist nicht ausschließlich während hypomanischer oder manischer Episoden vorhanden.
- Ständige Kaufobsession und Unzufriedenheit: Konstantes Nachdenken über Käufe und anhaltende Unzufriedenheit.
Diese Kriterien betonen, dass Kaufsucht über ein normales Einkaufsverhalten hinausgeht und signifikante negative Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen hat.
Diagnoseprozess: Die Diagnose einer Kaufsucht ist komplex, da sie oft erst später im Leben erkannt wird, obwohl die übliche Beginnzeit in der späten Adoleszenz oder im frühen Erwachsenenalter liegt. Ein umfassender Ansatz, der sowohl das Verhalten als auch die psychosozialen Auswirkungen berücksichtigt, ist entscheidend für eine genaue Diagnose.
Kaufsucht: Ursachen & Risikofaktoren
Die genauen Ursachen der Kaufsucht sind nicht vollständig geklärt, aber verschiedene Faktoren spielen eine Rolle.
- Andere psychische Erkrankungen: Kaufsucht tritt oft gemeinsam mit anderen Störungen auf, einschließlich Stimmungs- und Angststörungen, Substanzgebrauchsstörungen, Essstörungen, anderen Impulskontrollstörungen und Persönlichkeitsstörungen. Sie beginnt normalerweise im späten Teenageralter oder frühen Erwachsenenalter.
- Persönlichkeitsmerkmale: Personen mit Kaufsucht zeigen oft ein Persönlichkeitsmuster, das sie von anderen unterscheidet. Sie haben oft ein geringes Selbstwertgefühl, sind leicht beeinflussbar, freundlich und höflich, fühlen sich aber oft einsam und isoliert. Einkaufen bietet ihnen eine Möglichkeit, Kontakt zu anderen zu suchen.
- Materialismus: Menschen mit Kaufsucht neigen dazu, materialistischer zu sein als andere Käufer. Sie suchen Status durch materielle Objekte und Anerkennung von anderen. Wie andere Suchtkranke haben sie Schwierigkeiten, ihren Impulsen zu widerstehen.
- Einfluss von Werbung: Menschen mit Kaufsucht können anfälliger für Marketing- und Werbebotschaften sein. Bestimmte Marketingtricks zielen darauf ab, Impulskäufe auszulösen, insbesondere bei Personen mit einer Neigung zur Kaufsucht.
- Einkaufen als Therapie: Kaufsucht ist oft ein Weg, um mit emotionalem Schmerz und Schwierigkeiten im Leben umzugehen. Einkaufen als „Retail Therapy“ impliziert fälschlicherweise, dass der Kauf von Produkten ähnliche Vorteile wie eine Therapie oder Beratung bringen kann. Dies ist jedoch ein irreführender und unproduktiver Gedanke. Während Einkaufen kurzfristig Freude bereiten und negative Gefühle lindern kann, führt es oft langfristig zu weiteren Problemen.
Kaufsucht: Behandlung
Die Überwindung einer Kaufsucht erfordert das Erlernen alternativer Wege, um mit dem Stress und den Belastungen des Alltags umzugehen. Oft ist dabei professionelle Hilfe durch Beratung oder Therapie von Vorteil.
Eigene Maßnahmen:
- Ausgabenplan entwickeln: Ein erster wichtiger Schritt kann sein, einen persönlichen Ausgabenplan zu erstellen.
- Andere Bewältigungsstrategien entwickeln: Das Finden alternativer Freizeitbeschäftigungen ist entscheidend, um den Kreislauf des Einkaufens als Mittel zur Selbstwertsteigerung zu durchbrechen.
- Unterstützung von anderen suchen: Die Verantwortung für notwendige Einkäufe an Familienmitglieder abzugeben, kann helfen.
- Zugang zu Krediten und Bargeld einschränken: Kreditkarten loswerden und nur einen kleinen Notgeldbetrag bei sich tragen.
- Nicht mit anderen Kaufsüchtigen einkaufen: Dies hilft, Impulskäufe zu vermeiden.
Wann professionelle Hilfe suchen: Kaufsucht spricht oft gut auf verschiedene Behandlungen an, einschließlich:
- Medikamente
- Selbsthilfebücher und -gruppen
- Finanzberatung
- Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)
Psychotherapie:
- Psychotherapie kann dabei helfen, die emotionalen Wurzeln der Kaufsucht zu verstehen und Wege zu finden, die Sucht zu überwinden.
- Sie kann auch dabei helfen, Beziehungen zu reparieren und zu vertiefen, die durch das übermäßige Einkaufen belastet wurden.
Finanzberatung:
- Bei ernsthaften Schuldenproblemen kann eine Finanzberatung sinnvoll sein, um Strategien für den Schuldenabbau zu entwickeln und den Zugang zu Geldmitteln einzuschränken.
Abschlusswort von Mentalwohl
Erinnere dich daran, dass der Weg zur Überwindung einer Kaufsucht zwar herausfordernd sein kann, aber mit Engagement und den richtigen Hilfsmitteln absolut erreichbar ist. Jeder Schritt, den du in Richtung Verständnis und Behandlung deiner Kaufgewohnheiten machst, ist ein Schritt hin zu einem freieren und ausgeglicheneren Leben. Denke daran, dass es nicht nur um das Reduzieren des Einkaufsverhaltens geht, sondern auch darum, ein tieferes Verständnis für dich selbst zu entwickeln und gesündere Bewältigungsstrategien für das Leben zu finden. Du bist nicht allein auf diesem Weg, und es gibt viele Ressourcen und Menschen, die bereit sind, dir zu helfen.
Häufig gestellte Fragen
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Wie erkennt man, dass man kaufsüchtig ist?
Anzeichen einer Kaufsucht sind ein unkontrollierbares Bedürfnis zu kaufen, das Kaufen von Dingen, die nicht benötigt oder verwendet werden, finanzielle Probleme aufgrund von Einkäufen und das Einkaufen als Hauptbewältigungsstrategie für Stress oder negative Emotionen.
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Wo fängt Kaufsucht an?
Kaufsucht beginnt, wenn das Einkaufen von einer gelegentlichen Freude oder Notwendigkeit zu einem zwanghaften, unkontrollierbaren Verhalten wird, das negative Auswirkungen auf das persönliche, finanzielle oder soziale Leben hat.
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Was macht man bei einer Kaufsucht?
Behandlungsmöglichkeiten umfassen Psychotherapie, Verhaltensänderungen, Finanzberatung und manchmal Medikamente. Wichtig ist es, alternative Bewältigungsstrategien zu entwickeln, Unterstützung von Familie und Freunden zu suchen und den Zugang zu Krediten und Bargeld zu beschränken.
Quellen
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