Generalisierte Angststörung: Symptome und Anzeichen – So erkennt man es

von | Jun.2021 | Angststörung

Angststörung Symptome: Frau mit Angst

Die generalisierte Angststörung (GAS) kann eine Herausforderung bei der Diagnose darstellen. Viele Menschen betrachten Panikattacken als grundlegendes Merkmal aller Angststörungen, aber generell hängt die Störung mit Panikattacken nicht zusammen (1). Aus diesem Missverständnis folgt, dass einige Menschen ohne die Erfahrung von Panikattacken denken, dass sie sich „einfach zu viele Sorgen machen“. Ihr ständiger Kampf mit den Sorgen und Ängsten könnte hierdurch kleingeredet werden und wiederum nicht richtig diagnostiziert oder behandelt werden (1).

Die meisten von uns haben allgemeine Sorgen und erleben öfters Situationen, die uns Angst bereiten. Woran unterscheiden nun Fachleute gängige Sorgen und Ängste einer Person von einer ernstzunehmenden GAS?

Eine Erhebung der Symptomkriterien einer generalisierten Angststörung, wie sie in der fünften Auflage vom „The Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“ (auch als DSM-5) beschrieben ist, ist der erste Schritt in die richtige Richtung. Fachleute im psychologischen und psychiatrischen Bereich suchen nach Faktoren wie übermäßige, unangemessene Sorge, gepaart mit einer Vielzahl von körperlichen Symptomen (2) und verwenden dann bewährte diagnostische Maßstäbe, um eine Diagnose zu stellen und andere mögliche Krankheiten und Störungen auszuschließen.

Generalisierte Angststörung: Symptome & Diagnosekriterien

Das DSM-5 beschreibt spezifische Kriterien, die Fachleuten bei der Diagnose einer generalisierten Angststörung helfen sollen. Dies hilft ihnen, psychische Gesundheitsprobleme genauer zu diagnostizieren und damit einen effektiveren Behandlungsplan zu erstellen.

Generalisierte Angststörung Symptome und Anzeichen
Generalisierte Angststörung: Symptome und Anzeichen

Bei der Beurteilung von GAS achten Fachärzten der Psychiatrie und Psychotherapie oder Psychotherapeuten auf Folgendes:

  1. Übermäßige und unangemessene Angst und Sorgen, die…
    • … über eine Vielzahl von Themen, Ereignissen oder Aktivitäten geht. Diese Sorgen liegen bereits mindestens 6 Monate vor und treten an den meisten Tagen auf.
    • … als sehr schwer kontrollierbar empfunden werden. Sie kann sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern leicht von einem Thema zum Nächsten springen.
    • … mit mindestens drei der folgenden körperlichen oder kognitiven Symptome einhergehen (bei Kindern ist nur eines dieser Symptome für die Diagnose einer GAS erforderlich):
  2. Nervosität oder Unruhe
  3. Erhöhte Müdigkeit
  4. Beeinträchtigte Konzentration oder Benommenheit
  5. Reizbarkeit (die für andere sichtbar sein kann oder nicht)
  6. Erhöhte Muskelschmerzen oder Muskelkater
  7. Schlafstörungen (Störungen beim Ein-/oder Durchschlafen, nächtliche Unruhe oder unbefriedigender Schlaf)

Übermäßige Sorge bedeutet, sich Sorgen zu machen, auch wenn keine spezifische Bedrohung vorliegt. Sie ist meist unverhältnismäßig im Vergleich zu den Umständen (3). Jemand, der mit GAS zu kämpfen hat, macht sich entweder Sorgen über alltägliche Aspekte (Typ-I-Sorgen: „Wo bleibt meine Tochter denn nur soll lange? Sie hätte schon vor 15 Minuten zu Hause sein müssen! Vielleicht wurde sie auf dem Weg angegriffen… Oder gar tödlich verletzt?“) oder Sorgen über die eigenen Sorgen (Typ-II-Sorgen: „Wegen all den Sorgen kann ich nicht mehr schlafen und finde keine Ruhe mehr. Dadurch werde ich bestimmt meinen Job verlieren, weil ich nicht mehr so produktiv und konzentriert sein werde“) (4). Die Sorgen können außerdem vom Wunsch begleitet sein, von anderen bestätigt zu werden (5).

Bei Erwachsenen können die Sorgen um berufliche Verantwortung oder Leistung, die persönliche oder familienbezogene Gesundheit, finanzielle Angelegenheiten und andere alltägliche, alterstypische Lebensumstände gehen. Bei Kindern geht es vielmehr um ihre Fähigkeiten oder die Qualität ihrer Leistungen (z. B. in der Schule) (6). Viele Menschen mit generalisierter Angststörung haben auch Symptome wie Schwitzen, Herzrasen, Zittern, Übelkeit oder Durchfall (7).

Die Sorgen und andere damit verbundene Symptome machen es schwierig, alltägliche Aktivitäten und Verantwortungen zu erfüllen. Sie können Probleme in Beziehungen, bei der Arbeit oder in anderen wichtigen Lebensbereichen verursachen (8).

Um eine Diagnose von GAS stellen zu können, dürfen diese Symptome auch in keinem Zusammenhang mit anderen Erkrankungen stehen. Außerdem dürfen sie nicht durch eine andere psychische Störung oder durch die Auswirkungen des Drogenkonsums, einschließlich verschreibungspflichtiger Medikamente oder Alkohol erklärt werden (9).

Generalisierte Angststörung: Diagnose

Während einer Beurteilung verwendet Ihr Psychiater oder Therapeut diagnostische Kriterien, standardisierte Befragungen und sein klinisches Urteil, um eine Diagnose zu stellen.

Im Allgemeinen werden sie offen nach Ihren Symptomen fragen, aber Sie können auch gebeten werden, Fragebögen zur Selbstauskunft auszufüllen. Diese typischerweise kurzen Maßnahmen können helfen, die Diagnose oder den Schweregrad der Symptome zu bestimmen (10).

In spezialisierten Pflegeeinrichtungen werden manchmal standardisierte Bewertungsinstrumente verwendet, um die Symptome zu bewerten. In diesem Fall führt Ihr Psychiater oder Therapeut ein halb-strukturiertes Interview durch. Das Interview umfasst wahrscheinlich einen standardisierten Fragenkatalog und Ihre Antworten werden Ihrem Psychiater oder Therapeuten helfen, eine genaue Diagnose zu stellen.

Denken Sie daran, beim ersten Besuch ehrlich zu Ihrem Psychiater oder Therapeuten zu sein – sowohl beim Ausfüllen von Fragebögen als auch beim persönlichen Gespräch über Ihre Symptome. Offen und ehrlich zu sein kann dabei helfen, einen Behandlungsplan zusammenzustellen, der speziell auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist.

Wenn Sie sich fragen, ob Sie oder Ihr Kind GAS haben könnten, können Sie einen kurzen Onlineselbsttest für Erwachsene oder Kinder erwägen. Wenn Sie dies tun, sollten Sie dennoch mit einem Psychiater oder Ihrem Therapeuten sprechen, um eine ordnungsgemäße Diagnose und Behandlung bzw. Therapie zu erhalten.

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Generalisierte Angststörung: Differenzialdiagnose

Angstsymptome können in vielen Kategorien von psychischen Erkrankungen, die im DSM-5 aufgeführt sind, gefunden werden, z. B. bei Stimmungsstörungen, Essstörungen und kognitiven Störungen. Selbst innerhalb der Kategorie von Angststörungen gibt es viele Symptome, die sich überschneiden, weshalb verschiedene Formen der Angststörung manchmal miteinander verwechselt werden können.

Suchen Sie einen Psychotherapeuten auf, um Ihren Zustand am besten zu diagnostizieren. Eine Differenzialdiagnose zu stellen bedeutet, eine psychische Störung von einer anderen zu unterscheiden, wenn sich Symptome überschneiden.

Einige Störungen, die möglicherweise ausgeschlossen werden müssen, sind Folgende (1):

Obwohl einige dieser Störungen von der Öffentlichkeit eher beiläufig diskutiert werden, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein, damit eine dieser Erkrankungen (oder andere) richtig diagnostiziert werden kann.

Es ist wichtig, sich mit einer qualifizierten Fachperson zusammenzusitzen, um eine genaue Diagnose zu stellen. Die Bereitschaft, Hilfe in Anspruch zu nehmen, ehrlich zu Ihrem Therapeuten zu sein und sich aktiv an der Behandlung zu beteiligen, kann Ihnen helfen, Ihr Wohlbefinden wiederzuerlangen.

Wann Sie Hilfe aufsuchen sollten

Viele Menschen, die mit GAS zu kämpfen haben, beklagen sich bereits über eine geraume Zeit über ihre Symptome, bevor sie professionelle Hilfe aufsuchen. Die Angst und Sorgen erscheinen womöglich irgendwann als normaler Bestandteil Ihres Lebens.

Nur etwa 20 % der Menschen mit Angstsymptomen suchen einen Therapeuten auf. Die Lebenszeitprävalenz (also die Häufigkeit der Personen, die einmal in ihrem Leben an einer bestimmten Erkrankung leiden) von Angststörungen ist bei Frauen etwa doppelt so hoch wie bei Männern, daher können Vorsorgeuntersuchungen bei Frauen und Mädchen hilfreich sein, um präventiv angemessene Maßnahmen zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden zu erhalten (11).

Die Kontaktaufnahme mit einem Psychiater oder Therapeuten ist ein mutiger Schritt, der dazu beitragen kann, eine Linderung Ihrer Symptome zu erzielen und ein Gefühl des Wohlbefindens zurückzugewinnen.

Wenn Sie ständig nach Bestätigung durch andere suchen oder immer wieder erfolglos verschiedene Methoden der Stressbewältigung und Entspannung ausprobieren, kann es sich lohnen, sich an einen Fachmann zu wenden.

Beachten Sie außerdem auf mögliche körperlichen Symptome, die Ihre Angst und Sorgen begleiten. Wenn die Angst anhält, werden Sie möglicherweise immer mehr Probleme mit Kopfschmerzen, Verdauung, Ruhelosigkeit und Müdigkeit haben (1).

Häufig gestellte Fragen



Kann man generalisierte Angststörung heilen?

Mit enormer Angst zu leben, kann eine Herausforderung sein. Wie andere Angststörungen ist GAS jedoch gut behandelbar. Einige der wirksamsten Behandlungen umfassen Psychotherapie, Medikamente und Änderungen des Lebensstils.


Woher kommt eine generalisierte Angststörung?

Die generalisierte Angststörung kann sich entwickeln, wenn Sie Ihren inneren Stress nicht gut bewältigen können. Es kommt auch häufig in Familien vor, aber es ist nicht klar, warum manche Leute es bekommen und andere nicht. Forscher haben gezeigt, dass die Bereiche des Gehirns (u.a. Amygdala), die Angst und Sorge steuern, beteiligt sind.
Die Symptome von GAS können als Nebenwirkung eines Arzneimittel- oder Drogenmissbrauchs auftreten. Es kann auch mit Erkrankungen wie Hyperthyreose zusammenhängen, die Hormone erhöhen. Generalisierte Angststörung kann durch familiären oder umweltbedingten Stress ausgelöst werden. Chronische Krankheiten und Beschwerden können ebenfalls GAS auslösen.


Ist eine generalisierte Angststörung gefährlich?

Eine generalisierte Angststörung kann Ihr Leben beeinträchtigen:

– Es beeinträchtigt Ihre Fähigkeit, Aufgaben schnell und effizient auszuführen, weil Sie Konzentrationsschwierigkeiten haben
– Es ist schwierig, sich auf andere Aktivitäten zu konzentrieren
– Es saugt Ihre Energie auf
– Es erhöht Ihr Depressionsrisiko

Generalisierte Angststörungen können bei Betroffenen auch zu anderen körperlichen Gesundheitszuständen führen oder diese verschlimmern, wie zum Beispiel:

– Verdauungs- oder Darmprobleme wie Reizdarmsyndrom
– Kopfschmerzen und Migräne
– Chronische Schmerzen und Krankheiten
– Schlafprobleme und Insomnie
– Probleme mit Herzfunktionen

Die Forschung zeigt, dass Überreaktionen, ständige Sorgen und enorme Angstzustände die Lebenserwartung verringern können.

Abschlusswort von Mentalwohl

Denken Sie daran: GAS ist eine behandelbare Störung. Sie (oder Ihr Kind) brauchen sich nicht schweigend übermäßige Sorgen zu machen. Behandlungen, insbesondere Psychotherapie, Selbsthilfeansätze oder andere Methoden, werden Ihnen verschiedene Möglichkeiten beibringen, mit Ihrer Angst umzugehen. Es gibt auch Medikamente, die helfen können.

Angststörung Selbsthilfe
Angststörung bzw. Angstzustände – Selbsthilfe und Strategien

Quellenverzeichnis

  1. Bandelow, B., Boerner, R., Kasper, S., Linden, M., Wittchen, H. U., & Möller, H. J. (2013). The diagnosis and treatment of generalized anxiety disorderDeutsches Ärzteblatt International110(17), 300.
  2. Substance Abuse and Mental Health Services Administration. (2016). Impact of the DSM-IV to DSM-5 Changes on the National Survey on Drug Use and Health. SAMHSA
  3. Hirsch, C. R., & Mathews, A. (2012). A cognitive model of pathological worryBehaviour research and therapy50(10), 636-646.
  4. Wells, A. (1995). Meta-cognition and worry: A cognitive model of generalized anxiety disorderBehavioural and cognitive psychotherapy23(3), 301-320.
  5. Rector, N. A., Kamkar, K., Cassin, S. E., Ayearst, L. E., & Laposa, J. M. (2011). Assessing excessive reassurance seeking in the anxiety disorders. Journal of Anxiety Disorders25(7), 911-917.
  6. Gale, C. K., & Millichamp, J. (2016). Generalised anxiety disorder in children and adolescents. BMJ clinical evidence2016.
  7. Bandelow, B., Michaelis, S., & Wedekind, D. (2017). Treatment of anxiety disorders. Dialogues in clinical neuroscience19(2), 93.
  8. Yoon, K. L., & Zinbarg, R. E. (2007). Generalized anxiety disorder and entry into marriage or a marriage-like relationship. Journal of anxiety disorders21(7), 955-965.
  9. Back, S. E., & Brady, K. T. (2008). Anxiety disorders with comorbid substance use disorders: diagnostic and treatment considerationsPsychiatric annals38(11).
  10. All, N. D. A. Generalized Anxiety Disorder 7-Item (GAD-7) Scale.
  11. Gregory, K. D., Chelmow, D., Nelson, H. D., Van Niel, M. S., Conry, J. A., Garcia, F., … & Zahn, C. (2020). Screening for anxiety in adolescent and adult women: a recommendation from the Women’s Preventive Services InitiativeAnnals of Internal Medicine173(1), 48-56.

Weitere Literaturempfehlung

  • Edition, F. (2013). Diagnostic and statistical manual of mental disorders. Am Psychiatric Assoc21.
  • Brown, T. A., & Barlow, D. H. (2014). Anxiety and related disorders interview schedule for DSM-5, adult and lifetime version: clinician manual. Oxford University Press.
  • First, M. B., Williams, J. B., Benjamin, L. S., & Spitzer, R. L. (2016). SCID-5-PD: Structured clinical interview for DSM-5® personality disorders. American Psychiatric Association Publishing.

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