Wenn Sie an eine Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) leiden, fühlt sich alles instabil an: Ihre Beziehungen, Stimmungen, Ihr Denken, Ihr Verhalten – sogar Ihre Identität. Diese Schwankungen führen dazu, dass Betroffene ein Gefühl des Kontrollverlusts verspüren.
Borderline ist eine schwere, chronische psychische Erkrankung, welche der Gruppe der Persönlichkeitsstörungen (emotional instabile Persönlichkeitsstörung) angehört. Es fällt dabei auf, dass ungefähr 50 Prozent der Betroffenen mit Borderline Störungen Frauen sind. Dabei befinden sich 50 bis 80 Prozent (bis zu 700.000 in Deutschland) der Erkrankten in psychotherapeutischer/ psychiatrischer Behandlung (1).
Aber es gibt Hoffnung und dieser Blog-Artikel beschäftigt sich mit den Symptomen einer Borderline-Störung, was Ihnen bei der Identifizierung helfen kann.
Brauchen Sie zunächst einen Überblick? Lesen Sie als Erstes: Was ist Borderline?
Borderline: Anzeichen & Symptome
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung kann häufig Ihre Fähigkeit beeinträchtigen, das Leben zu genießen oder Sie in Beziehungen, bei der Arbeit oder in der Schule bremsen. Dabei manifestiert sie sich auf viele verschiedene Arten.
So ist sie mit bestimmten und signifikanten Problemen in zwischenmenschlichen Beziehungen, Selbstbild, Emotionen, Verhaltensweisen und Denken verbunden. Diese Symptome können langanhaltend sein (normalerweise ab dem Jugendalter) und sich auf viele Bereiche Ihres Lebens auswirken (2):
Emotionale Symptome
Emotionale Instabilität ist ein Schlüsselmerkmal einer Borderline-Störung. Betroffene mit dieser Diagnose fühlen sich wie in einer emotionalen Achterbahn mit extremen Stimmungsschwankungen (d. h. in einem Moment fühlen Sie sich vielleicht glücklich und normal, im nächsten fühlen sie sich verzweifelt und extrem niedergeschlagen). Gefühlsschwankungen können zwischen Minuten und Tagen andauern, wobei sie meist im Gegensatz zu den emotionalen Schwankungen bei Depressionen oder bipolaren Störungen relativ schnell vergehen. Nichtsdestotrotz sind diese Schwankungen oft intensiv und erzeugen starke Anspannung.
Explosive Wut, Angst und überwältigende Leere sind ebenfalls häufig. Dabei wird das Gefühl der inneren Leere oft mit impulsiven und riskanten Handlungen zu kompensieren versucht. Möglicherweise haben Betroffene auch Probleme, sich selbst zu kontrollieren, wenn die „Zündschnur“ angezündet ist – so schreien sie eventuell, werfen Dinge oder lassen sich vollständig von der Wut verzehren. Es ist wichtig zu beachten, dass dieser Ärger nicht immer nach außen gerichtet ist. Womöglich verbringen Betroffene viel Zeit damit, sich über sich selbst zu ärgern.
Lesen Sie als Nächstes: die 5 Typen von Borderline
Verhaltenssymptome
Borderline-Störung ist mit einer Tendenz verbunden, sich auf riskante und impulsive Verhaltensweisen einzulassen, wie z. B. :
- Unkontrolliertes Einkaufen,
- Drogen- oder Alkoholkonsum,
- riskantes Sexualverhalten,
- Ladendiebstahl,
- Rücksichtsloses Fahren,
- Essattacken,
- Willkürlich herbeigeführtes Erbrechen,
- Auf Bahngleisen spazieren gehen,
- Auf Hochhäusern balancieren
Menschen mit einer Borderline-Störung neigen auch eher zu selbstverletzenden bzw. selbstzerstörerischen Verhaltensweisen (70 bis 80 Prozent der Fälle) wie Ritzen und Selbstmordverhalten (z.B. Selbstmordversuchen), insbesondere wenn sie verärgert sind. Selbstmordverhalten umfasst dabei das Nachdenken über Selbstmord, Selbstmordgesten, Selbstmorddrohungen oder die Durchführung eines Selbstmordversuchs. In 7 bis 10 Prozent der Fälle kommt es zu einem vollendeten Suizid (1).
Selbstverletzungen umfassen alle anderen Versuche ohne Selbstmordabsicht. Diese riskanten Verhaltensweisen können den Betroffenen helfen, sich im Moment besser zu fühlen und um den aversiv erlebten Spannungszustände zu beenden, aber langfristig verletzen sie sich selbst und ihre Umgebung.
Wenn Sie Suizidgedanken haben, wenden Sie sich an die Telefonseelsorge unter 0800.1110111, um Unterstützung und Hilfe von einem ausgebildeten Berater zu erhalten. Wenn Sie oder ein Angehöriger in unmittelbarer Gefahr sind, rufen Sie 112 an.
Kognitive Symtome (bei Stress)
Unter Stressbedingungen können Menschen mit einer Borderline-Störung Veränderungen im Denken erfahren. Menschen mit einer Borderline-Störung kämpfen oft mit Paranoia bzw. paranoiden Gedanken über die Motive anderer (z. B. Gedanken darüber, dass Ihnen eine geliebte Person Schaden zufügen möchte).
Wenn sie unter Stress stehen, verlieren sie möglicherweise sogar den Kontakt zur Realität – eine Erfahrung, die als Dissoziation bezeichnet wird. Sie kann dazu führen, dass man das Gefühl, hat, distanziert bzw. taub zu sein oder als wäre man nicht wirklich in seinem Körper. Im Extremfall haben sie möglicherweise das Gefühl, „nichts“ oder „niemand“ zu sein. Dieses Gefühl ist unangenehm, daher versuchen Betroffene, die Lücke mit Dingen wie Drogen, Essen oder Sex zu füllen. Aber nichts fühlt sich wirklich befriedigend an.
Nicht jeder mit einer Borderline-Störung hat all diese erwähnten Symptome. Einige Menschen haben möglicherweise einige, während andere die meisten dieser Symptome haben (3).
Etwa 75 Prozent aller untersuchten Borderline-Patienten hatten nach sechs Jahren nicht mehr die Kriterien einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. Die Remissionsrate ist dabei sehr stabil: Nur 6 Prozent der Patienten erlebten einen Rückfall.
Borderline-Symptome: Selbstbild
Menschen mit einer Borderline-Störung haben Schwierigkeiten mit der Stabilität ihres Selbstbildes bzw. Selbstkonzeptes. Sie berichten von vielen Höhen und Tiefen in Bezug auf ihre Gefühle. In einem Moment können sie sich gut fühlen, während sie im nächsten Moment sich vielleicht schlecht oder sogar verärgert fühlen können. Sie haben wahrscheinlich keine klare Vorstellung davon, wer sie sind oder was Sie im Leben wollen. Infolgedessen können Menschen mit einer Borderline-Störung häufig ihren Job, Freunde, Liebhaber, Religion, Werte, Ziele oder sogar ihre sexuelle Identität wechseln.
Borderline-Symptome: Beziehungen
Ein Borderline-Patient hat in der Regel intensive Beziehungen zu Angehörigen, die durch häufige Konflikte, Auseinandersetzungen und Trennungen gekennzeichnet sind. Sie neigen dazu, instabile Beziehungen zu haben, die kurzlebig sein können. Außerdem kommt es oft dazu, dass sie sich schnell verlieben und glauben, dass jede neue Person der „perfekte Match ist, nur um schnell enttäuscht zu werden. Ihre Beziehungen scheinen entweder perfekt oder schrecklich zu sein, ohne dass es einen Mittelweg gibt. Hierdurch haben ihre Liebhaber, Freunde oder Familienmitglieder möglicherweise das Gefühl, einen emotionalen Schleudertrauma zu haben – da die Beziehungen meist von einem Wechsel zwischen Idealisierung und Entwertung oder Wut und Hass geprägt sind.
Die Borderline-Störung ist außerdem mit einer intensiven Angst verbunden, von geliebten Menschen verlassen und alleine gelassen zu werden. Sogar so eine triviale Situation, bei der ein geliebter Mensch spät von der Arbeit nach Hause kommt oder übers Wochenende weggeht, kann intensive Angst auslösen. Dies kann zu den verzweifelten Bemühungen führen, die andere Person in der Nähe zu behalten, z.B. durch Betteln, sich an die Person zu klammern, den Liebsten nachzuverfolgen oder die Person sogar physisch am Verlassen zu hindern. Leider hat dieses Verhalten tendenziell den gegenteiligen Effekt – sie vertreibt meist die andere Person. Dieses Verhalten führt normalerweise zu Schwierigkeiten, anderen zu vertrauen, was die Beziehungen belastet.
Borderline Störung: Komorbidität
In den häufigsten Fällen kommt es bei Borderline-Patienten zu weiteren Störungen bzw. Beschwerden (1):
- Affektive Störung (80 Prozent),
- Angststörung (80 Prozent),
- Essstörung (70 Prozent),
- Substanzmissbrauch (60 Prozent),
- Posttraumatische Belastungsstörung (60 Prozent) und
- Bei 80 Prozent eine weitere Persönlichkeitsstörung.
Lesen Sie als Nächstes: Ursachen einer Borderline-Störung
Häufig gestellte Fragen
Wie verhalten sich Menschen mit Borderline?
Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung können starke Stimmungsschwankungen erleben und sich unsicher darüber fühlen, wie sie sich selbst sehen. Ihre Gefühle für andere können sich schnell ändern und von extremer Nähe zu extremer Abneigung schwanken. Diese wechselnden Gefühle können zu instabilen Beziehungen und emotionalem Schmerz führen.
Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung neigen auch dazu, Dinge in Extremen zu sehen, wie zum Beispiel alles gut oder alles schlecht. Ihre Interessen und Werte können sich schnell ändern und sie können impulsiv oder rücksichtslos verhalten.
In welchem Alter tritt Borderline auf?
Kinder ab 12 Jahren können bereits laut dem DSM-5 diagnostiziert werden, wenn die Symptome mindestens ein Jahr anhalten. Oft wird die Diagnose einer Borderline-Störung jedoch erst in der späten Adoleszenz oder im frühen Erwachsenenalter gestellt. Der häufigste Verlauf von Borderline ist eine chronische Instabilität im frühen Erwachsenenalter mit Episoden schwerwiegender, affektiver und impulsiver Reaktionen.
Wie macht sich das Borderline-Syndrom bemerkbar?
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung beeinflusst, wie Sie über sich selbst denken, wie Sie mit anderen umgehen und wie Sie sich verhalten.
Anzeichen und Symptome des Borderline-Syndroms sind Folgende:
1. Eine intensive Angst vor dem Verlassenwerden, wodurch man zu extremen Maßnahmen greift, um eine echte oder eingebildete Trennung zu vermeiden
2. Ein Muster instabiler, intensiver Beziehungen, wie z. B. jemanden in einem Moment zu idealisieren und dann plötzlich zu glauben, dass sich die Person nicht genug kümmert oder grausam ist
3. Schnelle Veränderungen der Selbstidentität und des Selbstbildes, einschließlich der Verschiebung von Zielen und Werten und der Wahrnehmung, dass Sie schlecht sind oder gar nicht existieren
4. Phasen von stressbedingter Paranoia und Realitätsverlust, die von wenigen Minuten bis zu einigen Stunden andauern
5. Impulsives und riskantes Verhalten, wie z. B. Glücksspiel, rücksichtsloses Fahren, ungeschützter Sex, Kaufrausch, Essattacken oder Drogenmissbrauch oder Sabotage des Erfolgs durch plötzliches Aufgeben eines guten Jobs oder das Beenden einer positiven Beziehung
6. Selbstmorddrohungen oder -verhalten oder Selbstverletzung, oft als Reaktion auf die Angst vor Trennung oder Zurückweisung
7. Große Stimmungsschwankungen, die von einigen Stunden bis zu einigen Tagen andauern und intensives Glück, Reizbarkeit, Scham oder Angst beinhalten können
8. Anhaltende Gefühle der Leere
Unangemessene, intensive Wut, wie z. B. häufig die Beherrschung zu verlieren, sarkastisch oder verbittert zu sein oder körperliche Auseinandersetzungen zu führen
Abschlusswort von Mentalwohl
Der instabile Charakter der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung kann das Leben beträchtlich beeinflussen. Personen mit einer Borderline-Störung haben eine ernst zunehmende Krankheit. Deshalb empfiehlt es sich zur Behandlung der Symptome einen Therapeuten oder Facharzt für Psychiatrie/Psychotherapie aufzusuchen, der Ihnen dabei hilft, Ihre mentale Gesundheit und Ihre Beziehungen besser zu schützen.
Es ist wichtig, sich die Zeit zu nehmen, um einen Therapeuten zu finden, bei dem Sie sich sicher und wohl fühlen. Aber wenn Sie sich für eine Therapie entscheiden, seien Sie sich dessen bewusst, dass eine Therapie Mühe und Zeit kostet und ein Therapeut keine sofortige Lösung bieten kann. Denken Sie daran, dass diese Schwankungen von Idealisierung zu Entwertungen ein Symptom für die Borderline-Störung sind. Versuchen Sie, es mit Ihrem Therapeuten zu besprechen und die Beziehung wachsen zu lassen. Und denken Sie daran, dass Veränderungen zwar unangenehm sein können, aber Sie letzten Endes hierdurch weiterwachsen können.
Lesen Sie als Nächstes: Borderline-Therapie
Quellenverzeichnis
- Stiglmayr, C. (2008). Borderlinestörung. In Verhaltenstherapiemanual (pp. 454-461). Springer, Berlin, Heidelberg.
- American Psychiatric Association. (2013). Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5®). American Psychiatric Pub.
- National Institute of Mental Health (2017). Borderline personality disorder.