Borderline: Ursachen & Auslöser – Diese 5 sollten Sie kennen

von | Jul.2021 | Persönlichkeitsstörung

Borderline Ursachen: Frau mit Borderline

Wenn man selbst oder eine nahestehende Person an eine Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) leidet, fragt man sich vielleicht, weshalb das so ist und wie viel Einfluss man selbst daran hat. Die Entwicklung dieser Störung ist komplex und es gibt eine Vielzahl von Ursachen für eine Borderline-Störung. Eins steht allerdings fest: Man selbst trägt keinerlei Schuld an das Bestehen seiner Krankheit!

Die meisten Experten glauben, dass sich Borderline-Störungen aufgrund biologischer, genetischer und umweltbedingter Faktoren entwickelt hat (1). Es ist jedoch wichtig zu bedenken, dass die genauen Ursachen des Borderline-Syndroms noch nicht bekannt sind. Im Moment sind dies Theorien, die einige Unterstützung finden, aber keineswegs schlüssig sind. Weitere Forschung ist erforderlich, um festzustellen, wie und warum die unten diskutierten Faktoren mit BPS zusammenhängen.

Brauchen Sie zunächst einen Überblick? Lesen Sie als Erstes: Was ist Borderline?

Was ist Borderline? – Symptome und Behandlungsmöglichkeiten

Borderline: Ursachen und Auslöser

Der Begriff „Borderline“ kam dadurch zustande, weil Ärzte früher dachten, dass sich die Störung im Grenzbereich zwischen Neurose und Psychose befindet. Heute ist man in der Forschung dieser Störung schon viel weiter vorangeschritten und man hat längst erkannt, dass diese Definition nicht zutreffend ist.

Borderline Ursachen & Auslöser
Borderline: Ursachen & Auslöser

Doch es gibt immer noch unzählige Wissenslücken in Bezug auf das Borderline-Syndrom. So ist wie bei den meisten psychischen Störungen die genaue Ursache der BPS noch nicht bekannt. Es gibt jedoch Untersuchungen, die auf eine Kombination von Faktoren hindeuten.

1. Ursache: Genetik

Während frühe Studien zeigten, dass BPS öfters innerhalb einer Familie vorkommt, war lange Zeit nicht klar, ob dies an Umwelteinflüssen oder an der Genetik lag. Inzwischen gibt es Hinweise darauf, dass neben der Umwelt auch genetische Faktoren eine bedeutende Rolle spielen (1).

Insbesondere haben Studien gezeigt, dass eine Variation in einem Gen, welches den Gebrauch von Serotonin (ein natürlicher Neurotransmitter) steuert, mit Borderline im Zusammenhang stehen kann (2). Diejenigen, bei denen diese Genvariation und ein traumatisches Kindheitsereignis vorliegen, neigen eher zu der Entwicklung einer BPS.

Dies bestätigt auch eine weitere Studie, in denen Affen mit dieser Serotonin-Genvariation bestimmte Symptome entwickelten, welche den BPS-Symptomen ähneln. Dies war allerdings nur der Fall, wenn sie ihren Müttern entnommen wurden und in einer weniger fürsorglichen Umgebung aufgezogen wurden. Affen mit der Genvariation, die von fürsorglichen Müttern aufgezogen wurden, entwickelten mit einer viel geringeren Wahrscheinlichkeit die Symptome einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (3).

2. Ursache: Biologische Faktoren

Mehrere Studien haben gezeigt, dass Menschen mit Borderline Unterschiede sowohl in der Struktur ihres Gehirns als auch in der Gehirnfunktion aufweisen. BPS wurde mit übermäßiger Aktivität in Teilen des Gehirns in Verbindung gebracht, die das Erleben und den Ausdruck von Emotionen kontrollieren (4).

Zum Beispiel haben Menschen mit Borderline eine stärkere Aktivierung des limbischen Systems als Menschen ohne BPS. Dieser Bereich des Gehirns ist an der Kontrolle der Emotionen Angst, Wut und Aggression beteiligt. Dies kann mit den emotionalen Instabilitätssymptomen von BPS zusammenhängen. Neuere Studien belegen auch Zusammenhänge zwischen dem Hormon Oxytocin und der Entstehung von Borderline-Störung (5).

3. Ursache: Umwelteinflüsse

Es gibt aussagekräftige Beweise für einen Zusammenhang zwischen belastenden bzw. traumatisierenden Kindheitserlebnissen (insbesondere mit Bezugspersonen) und BPS (6). Zu den Arten von Erfahrungen, die mit BPS in Verbindung gebracht werden können, gehören:

  • Frühzeitige Trennung von Bezugspersonen bzw. Betreuungspersonen
  • Emotionale oder körperliche Vernachlässigung
  • Mangelnde Sensibilität der Eltern
  • Körperlicher und sexueller Missbrauch

Dabei wird angenommen, dass die biologischen Faktoren (siehe weiter unten) und eine emotional entwertende Umgebung in der Kindheit zusammenwirken können, wodurch die Entwicklung von BPS begünstigt wird. Eine emotional entwertende Umgebung ist eine Umgebung, in der die emotionalen Bedürfnisse eines Kindes nicht erfüllt werden (7).

Dabei kann eine emotional entwertende Umgebung für Betroffene, aber auch für Außenstehende nicht immer offensichtlich sein. Diese schmerzhaften Erfahrungen können versteckt und sogar verherrlicht werden.

Nicht jeder, der BPS hat, hat diese traumatisierende Erfahrung erlebt (obwohl dies schon bei dem Großteil der Fälle zutrifft). Zugleich entwickelt nicht jeder, der diese Art von Erfahrungen durchgemacht hat, eine BPS. Für die meisten Fälle einer Borderline-Persönlichkeitsstörung liegen eher kombinierte Ursachen und nicht eine einzige vor.

Borderline: Auslöser

Auslöser (im Engl. Triggers genannt) sind Ereignisse, bei denen man das Gefühl hat, dass die eigenen BPS-Symptome außer Rand und Band geraten. Diese Auslöser können intern (z. B. Gedanke) oder extern (z.B. Ereignis in der Umgebung) sein. Unmittelbar nach einem Trigger können sich eines oder mehrere BPS-Symptome deutlich verstärken.

Möchten Sie mehr wissen? Lesen Sie als Nächstes: Symptome von Borderline

1. Kognitive Auslöser

Manchmal werden die BPS-Symptome durch interne Ereignisse ausgelöst, z. B. durch Gedanken, die aus heiterem Himmel zu kommen scheinen. Dies gilt insbesondere für Menschen mit BPS, die ein traumatisches Ereignis wie Kindesmissbrauch in der Vergangenheit erlebt haben.

Zum Beispiel kann eine Erinnerung oder ein Bild an eine vergangene Erfahrung (wie ein traumatisches Ereignis oder ein Verlust) intensive Emotionen und andere BPS-Symptome auslösen. Eine Erinnerung muss jedoch nicht belastend sein, um Symptome auszulösen. Manche Menschen werden durch Erinnerungen an glücklichere Zeiten getriggert, die sie daran erinnern können, dass die Dinge in der Gegenwart nicht so gut sind (8).

2. Beziehungsauslöser

Die häufigsten BPS-Auslöser stehen im Zusammenhang mit zwischenmenschlichem Stress, insbesondere mit Beziehungen. Menschen mit BPS erleben oft intensive Angst, Wut, impulsives Verhalten, Selbstverletzung (wie z.B. Ritzen oder Schneider der Haut) und sogar Suizidalität, wenn Ereignisse in einer Beziehung dazu führen, dass sie sich abgelehnt, kritisiert oder verlassen fühlen (9).

Man kann sich beispielsweise gereizt fühlen, wenn man einem Freund eine Nachricht hinterlassen hat und dieser sich nicht zurückgemeldet hat. Vielleicht wartet man ein paar Stunden, bis irgendwann Gedanken aufkeimen wie „Sie ruft nicht zurück, sie muss sauer auf mich sein.“

Diese Gedanken können sich zu Gedankenmustern entwickeln wie: „Sie hasst mich wahrscheinlich“ oder „Ich werde nie einen Freund haben, der an meiner Seite bleibt.“ Mit diesen spiralförmigen Gedanken gehen spiralförmige Symptome einher, wie intensive Emotionen, Wut und der Drang, sich selbst zu verletzen.

Wenn Sie Suizidgedanken haben, wenden Sie sich an die Telefonseelsorge  unter 0800.1110111, um Unterstützung und Hilfe von einem ausgebildeten Berater zu erhalten. Wenn Sie oder ein Angehöriger in unmittelbarer Gefahr sind, rufen Sie 112 an.

Finden Sie im Borderline Test heraus, ob bei Ihnen eine Borderline-Persönlichkeitsstörung vorliegen könnte.

Häufig gestellte Fragen

In welchem Alter tritt Borderline auf?

Kinder ab dem 12. Lebensjahr können bereits laut dem DSM-5 diagnostiziert werden, wenn die Symptome mindestens ein Jahr vorliegen. Häufig wird die Diagnose einer Borderline-Störung jedoch erst im späten Jugend- oder frühen Erwachsenenalter gestellt. Der häufigste Verlauf von Borderline ist eine chronische Instabilität im frühen Erwachsenenalter mit Phasen schwerwiegender, impulsiver und affektiver Verhaltensweisen.

Wie gefährlich ist ein Borderliner?

Menschen mit Borderline haben eine intensive Angst vor dem Verlassenwerden und haben Schwierigkeiten, ihre Emotionen, insbesondere Wut, zu regulieren. Sie neigen auch zu impulsivem und gefährlichem Verhalten, wie rücksichtslosem Fahren und drohender Selbstverletzung. All diese Verhaltensweisen erschweren es ihnen, Beziehungen aufrechtzuerhalten. Oft stellen sie jedoch mehr eine Gefahr für sich selbst dar, als für andere.

Wie verhält man sich gegenüber einem Borderliner?

Hier sind ein paar grundlegende Hinweise, wie man sich einem Borderliner gegenüber verhalten sollte:

  • Sei geduldig.
  • Sei realistisch.
  • Versuchen Sie, Fakten von Gefühlen zu trennen.
  • Bestätigen Sie zuerst die Gefühle der Betroffenen.
  • Hören Sie aktiv zu und seien Sie mitfühlend.
  • Versuchen Sie die betroffene Person abzulenken, wenn negative Emotionen hochkommen.
  • Erlauben Sie sich nicht, das Produkt intensiver Wut zu sein; wenn es nicht anders geht, verlassen Sie lieber die Situation.
  • Verstehen Sie die Symptome und Auslöser.
  • Bieten Sie konstruktive Kritik an.
  • Helfen Sie, realistische Ziele zu setzen.
  • Halten Sie Zeitpläne konsistent.
  • Unterstützen Sie bei der Behandlung.
  • Gehen Sie gemeinsam in die Therapie.

Wie ist es, Borderline zu haben?

Borderline ist gekennzeichnet durch schnelle Gefühlsschwankungen, ein instabiles Selbstgefühl, Impulsivität und viel Angst. Das kann dazu führen, dass Sie unberechenbar handeln. In einem Moment haben Sie vielleicht das Gefühl, dass Sie jemanden so sehr lieben, dass Sie Ihr Leben mit ihm verbringen möchten. Im anderen Moment scheint diese Verherrlichung der Person jedoch in eine plötzliche Verachtung umzuwandeln.

Abschlusswort von Mentalwohl

Es gibt jede Menge über die Ursachen von Borderline zu lernen und eins steht mit hoher Wahrscheinlichkeit fest:  Es gibt nicht den einen Faktor, der BPS verursacht. Vielmehr wird die Störung durch eine Kombination von Faktoren bestimmt. Die Forschung ist mit diesem Thema beschäftigt und hoffentlich werden wir in den kommenden Jahren mehr erfahren.

Das Wissen über die Ursachen kann dazu beitragen, den Ausbruch der Erkrankung zu verhindern, insbesondere bei Patienten, die eine genetische oder biologische Veranlagung für die Erkrankung haben. Dabei ist eine emotional entwertende Umgebung für ein Kind schädlich und es ist für Therapeuten oder (Fachärzte für Psychiatrie & Psychotherapie) von entscheidender Bedeutung, dass sie auf diesen Umstand aufmerksam gemacht werden, auch unabhängig davon, ob dies die Wahrscheinlichkeit einer zukünftigen BPS erhöht.

Daneben ist es auch wichtig zu wissen, was die eigenen BPS-Symptome verschlimmern kann. Es hilft darüber, mit einer ausgebildeten Fachkraft zu reden, um zusätzliche Hilfe zu bekommen und mit den alltäglichen Auslösern besser umzugehen.

Für Erwachsene, die als Kind emotionale Entwertung erlebt haben, ist es wichtig zu lernen, den Unterschied zwischen bestätigenden und entwertenden Äußerungen anderer zu erkennen, um sich besser vor weiteren Verletzungen zu schützen und diese zwischenmenschlichen Interaktionen effektiver zu bewältigen.

Lesen Sie als Nächstes: die 5 Typen von Borderline


Quellenverzeichnis

  1. National Institute of Mental Health (2017). Borderline personality disorder. NIMH
  2. Maurex, L., Zaboli, G., Öhman, A., Åsberg, M., & Leopardi, R. (2010). The serotonin transporter gene polymorphism (5-HTTLPR) and affective symptoms among women diagnosed with borderline personality disorder. European Psychiatry25(1), 19-25.
  3. Bennett, A. J., Lesch, K. P., Heils, A., Long, J. C., Lorenz, J. G., Shoaf, S. E., … & Higley, J. D. (2002). Early experience and serotonin transporter gene variation interact to influence primate CNS function. Molecular psychiatry7(1), 118-122
  4. Ruocco, A. C., & Carcone, D. (2016). A neurobiological model of borderline personality disorder: systematic and integrative review. Harvard Review of Psychiatry24(5), 311-329.
  5. Brüne, M. (2016). On the role of oxytocin in borderline personality disorder. British Journal of Clinical Psychology55(3), 287-304.
  6. Cattane, N., Rossi, R., Lanfredi, M., & Cattaneo, A. (2017). Borderline personality disorder and childhood trauma: exploring the affected biological systems and mechanisms. BMC psychiatry17(1), 1-14.
  7. Reeves, M., James, L. M., Pizzarello, S. M., & Taylor, J. E. (2010). Support for Linehan’s biosocial theory from a nonclinical sample. Journal of Personality Disorders24(3), 312-326
  8. Bungert, M., Liebke, L., Thome, J., Haeussler, K., Bohus, M., & Lis, S. (2015). Rejection sensitivity and symptom severity in patients with borderline personality disorder: effects of childhood maltreatment and self-esteem. Borderline personality disorder and emotion dysregulation2(1), 1-13.
  9. Staebler, K., Helbing, E., Rosenbach, C., & Renneberg, B. (2011). Rejection sensitivity and borderline personality disorder. Clinical psychology & psychotherapy18(4), 275-283. psychosomatik

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