ADHS: Ursachen & 4 Risikofaktoren – Genetische Erbkrankheit?

Stell dir vor, dein Gehirn ist wie ein Orchester, in dem jedes Instrument seine eigene Rolle spielt. Bei Menschen mit ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) ist es, als ob einige Instrumente aus dem Takt geraten sind. Das führt zu einer Melodie, die zwar einzigartig, aber auch herausfordernd sein kann. Die Ursachen dafür sind vielfältig und komplex.

In diesem Artikel werden wir uns auf die verschiedenen Ursachen und Risikofaktoren von ADHS konzentrieren. Wir werden die Rolle der Genetik, mögliche Krankheiten und Schädigungen, sowie die Auswirkungen von schädlichen Substanzen während der Schwangerschaft beleuchten. Außerdem werden wir einige weit verbreitete Mythen entkräften, die es rund um ADHS gibt.

Zusammenfassung:

  • ADHS ist eine vielschichtige Erkrankung, die durch eine Kombination von genetischen, umweltbedingten und biologischen Faktoren beeinflusst wird.
  • Während Genetik eine wichtige Rolle spielt, können auch andere Faktoren wie Krankheiten, Schädigungen und Exposition gegenüber Giftstoffen das Risiko für ADHS erhöhen.
  • Viele weit verbreitete Annahmen über die Ursachen von ADHS, wie Zucker oder schlechte Erziehung, sind wissenschaftlich nicht haltbar.

ADHS Ursachen und Risikofaktoren

ADHS ist eine komplexe Störung, die durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird. Es gibt keine “eine Ursache”, sondern eher ein Zusammenspiel verschiedener Elemente, die zur Entstehung von ADHS beitragen können. In den folgenden Abschnitten werden wir einige der wichtigsten Ursachen und Risikofaktoren näher betrachten, um ein besseres Verständnis für diese vielschichtige Erkrankung zu bekommen.

Was ist ADHS? 6 typische Mythen

Ursache 1: Genetik

Die Frage, die sich viele Erwachsene stellen, ob sie nun kürzlich mit ADHS diagnostiziert wurden oder schon lange damit leben, lautet: “Werden meine Kinder auch ADHS haben?” Die Antwort darauf ist komplex.

ADHS ist in erster Linie eine erbliche Störung. Es wird geschätzt, dass der genetische Beitrag zu ADHS bei über 70% liegt. Trotz dieser starken genetischen Verbindung bedeutet das Vorhandensein von ADHS bei einem Elternteil nicht automatisch, dass das Kind es auch entwickeln wird. Es ist eine Kombination aus Genen und Umweltfaktoren, die bestimmt, ob ein Kind ADHS entwickelt.

Kinder können ADHS-Gene erben, ohne dass diese aktiviert werden. Eine Studie fand beispielsweise heraus, dass nur ein Drittel der Väter mit ADHS Kinder hatten, die ebenfalls ADHS entwickelten. Zudem hat die Art der ADHS-Symptome des Elternteils (unaufmerksam, hyperaktiv-impulsiv oder kombiniert) keinen Einfluss auf die Art der Symptome beim Kind.

Bis heute wurden mehrere Genkandidaten in Familien gefunden, die ADHS aufweisen. Wissenschaftler sind jedoch der Meinung, dass es nicht ein bestimmtes Gen ist, sondern die Wechselwirkung mehrerer dieser Gene und der Umwelt, die ADHS-Symptome hervorrufen.

Es ist auch wichtig zu betonen, dass ADHS keine geschlechtsspezifische Erkrankung ist. Obwohl ADHS häufiger bei Männern diagnostiziert wird, können Menschen aller Geschlechter ADHS haben. Der Glaube, dass nur Väter ADHS haben können und es nur von Vätern an Kinder weitergegeben wird, ist nicht korrekt.

Ursache 2: Krankheiten und Schädigungen

Neben der Genetik spielen auch Krankheiten und Schädigungen eine Rolle bei der Entstehung von ADHS. Diese können während der Schwangerschaft, Geburt oder in der frühen Kindheit auftreten.

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Negative Glaubenssätze überwinden
ADHS Ursachen & Risikofaktoren
ADHS: Ursachen & Risikofaktoren

Infektionskrankheiten
Krankheiten wie Meningitis oder Enzephalitis können zu Lern- und Aufmerksamkeitsproblemen führen. Eine Studie aus Taiwan hat sogar festgestellt, dass Enzephalitis das Risiko für ADHS erhöhen kann.

Schwangerschaft und Geburt
Komplikationen während der Schwangerschaft und Geburt, wie Frühgeburt oder Sauerstoffmangel, können ebenfalls das Risiko für ADHS erhöhen. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die meisten Kinder, die solche Komplikationen erleben, kein ADHS entwickeln.

Hirnverletzungen
Ein kleiner Prozentsatz der Menschen erlebt ADHS-Symptome als Folge von Hirnschäden, wie frühkindlichen Hirnverletzungen oder Traumata. Eine Studie, die in JAMA Pediatrics veröffentlicht wurde, fand heraus, dass Kinder mit einer Vorgeschichte von traumatischen Hirnverletzungen, selbst wenn sie weniger schwerwiegend sind, ein erhöhtes Risiko haben, bis zu 10 Jahre nach der Verletzung ADHS zu entwickeln.

Andere Erkrankungen
Es gibt auch andere Erkrankungen wie Epilepsie oder Schilddrüsenprobleme, die ADHS-ähnliche Symptome hervorrufen können. In solchen Fällen ist es wichtig, eine genaue Diagnose zu stellen, um die richtige Behandlung zu finden.

Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Faktoren allein nicht ausreichen, um ADHS zu verursachen. Sie können jedoch das Risiko erhöhen, insbesondere wenn sie mit genetischen Faktoren kombiniert werden.

Ursache 3: Aufnahme schädlicher Substanzen in der Schwangerschaft

Die Schwangerschaft ist eine entscheidende Zeit für die Entwicklung des Kindes, und bestimmte Verhaltensweisen der Mutter können das Risiko für ADHS beim Kind erhöhen. Dazu gehören der Konsum von Alkohol und Tabak.

Rauchen
Studien haben gezeigt, dass Rauchen während der Schwangerschaft das Risiko für ADHS beim Kind erhöhen kann. Tabakrauch enthält zahlreiche schädliche Chemikalien, die die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigen können.

Alkohol
Auch der Konsum von Alkohol in der Schwangerschaft kann zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für ADHS führen. Alkohol kann die Entwicklung des zentralen Nervensystems stören und zu einer Reihe von Verhaltens- und Lernproblemen führen.

Es ist wichtig, diesen Punkt mit viel Sensibilität zu behandeln. Viele Mütter, die während der Schwangerschaft geraucht oder Alkohol konsumiert haben, waren sich der Risiken nicht bewusst oder hatten nicht die Mittel, um mit dem Konsum aufzuhören. Es ist nie zu spät für positive Veränderungen, und Schuldzuweisungen sind in diesem Kontext nicht hilfreich.

Ursache 4: Giftstoffe

In unserer modernen Welt sind wir leider einer Vielzahl von Giftstoffen ausgesetzt, die potenziell unsere Gesundheit beeinträchtigen können. Einige dieser Substanzen sind in Studien mit einem erhöhten Risiko für ADHS in Verbindung gebracht worden.

Blei
Bleiexposition, insbesondere in der Kindheit, wurde mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für ADHS-Symptome in Verbindung gebracht. Blei kann in alten Wasserleitungen, Farben und sogar im Boden gefunden werden.

Pestizide
Bestimmte Pestizide, die in der Landwirtschaft verwendet werden, können ebenfalls das Risiko für ADHS erhöhen. Diese Chemikalien können über die Nahrungskette in unseren Körper gelangen und das Nervensystem beeinträchtigen.

Phthalate
Diese Chemikalien werden in vielen Kunststoffprodukten verwendet und können über die Haut oder die Atemwege aufgenommen werden. Sie haben das Potenzial, Hormone im Körper zu stören und könnten zu ADHS-ähnlichen Symptomen führen.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Exposition gegenüber diesen Giftstoffen allein in der Regel nicht ausreicht, um ADHS zu verursachen. Sie können jedoch das Risiko erhöhen, insbesondere wenn sie mit anderen Risikofaktoren wie Genetik und Lebensstil kombiniert werden.

Vorsichtsmaßnahmen:
Während es schwierig sein kann, der Exposition gegenüber allen Giftstoffen vollständig zu entkommen, gibt es dennoch Möglichkeiten, das Risiko zu minimieren. Dazu gehören eine ausgewogene Ernährung, der Verzicht auf das Rauchen und der bewusste Umgang mit Chemikalien im Haushalt.

Was löst nicht ADHS aus (Mythen)

Es gibt viele Mythen und Missverständnisse über ADHS, und es ist wichtig, diese zu entkräften, um ein klares Bild der Erkrankung zu erhalten. Hier sind einige weit verbreitete Annahmen, die wissenschaftlich nicht haltbar sind:

Zucker
Obwohl viele Menschen glauben, dass Zucker ADHS-Symptome auslösen kann, gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür. Studien haben keinen direkten Zusammenhang zwischen Zuckerkonsum und ADHS gefunden.

Schlechte Erziehung
ADHS ist keine Folge von schlechter Erziehung oder mangelnder Disziplin. Es handelt sich um eine neurobiologische Störung, die durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird, darunter Genetik und Umweltbedingungen.

Medienkonsum
Obwohl übermäßiger Medienkonsum sicherlich nicht gesund ist, gibt es keine schlüssigen Beweise dafür, dass er ADHS verursacht. Es ist jedoch möglich, dass er die Symptome verschlimmern kann.

Geschlecht
Wie bereits erwähnt, ist ADHS keine geschlechtsspezifische Erkrankung. Es kann bei Menschen aller Geschlechter auftreten, obwohl es häufiger bei Männern diagnostiziert wird.

Es ist wichtig, diese Mythen zu entkräften, um das Stigma rund um ADHS zu verringern und eine genauere Diagnose und Behandlung zu ermöglichen.

Abschlusswort von Mentalwohl

ADHS ist eine komplexe Erkrankung, die durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass niemand “Schuld” an ADHS hat. Es handelt sich um eine neurobiologische Störung, die professionelle Aufmerksamkeit und Unterstützung erfordert. Wenn du oder jemand, den du kennst, mit ADHS zu kämpfen hat, seid ihr nicht allein. Es gibt viele Ressourcen und Behandlungsmöglichkeiten, die helfen können. Der erste Schritt ist immer das Verständnis, und ich hoffe, dass dieser Artikel dazu beiträgt. Du bist mehr als deine Diagnose, und es ist nie zu spät, Unterstützung zu suchen und positive Veränderungen in deinem Leben vorzunehmen.

Häufig gestellte Fragen

  • Ist ADHS heilbar?

    ADHS ist derzeit nicht heilbar, aber es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, die die Symptome effektiv lindern können. Dazu gehören Medikamente, Verhaltenstherapie und Lebensstiländerungen. Es ist wichtig, einen individuellen Behandlungsplan mit einem Facharzt zu erstellen.

  • Kann Ernährung ADHS-Symptome beeinflussen?

    Während die Ernährung allein nicht ausreicht, um ADHS zu verursachen oder zu heilen, gibt es Hinweise darauf, dass eine ausgewogene Ernährung die Symptome mildern kann. Omega-3-Fettsäuren und eine Reduzierung von Zucker und verarbeiteten Lebensmitteln können hilfreich sein.

  • Ist ADHS angeboren?

    ADHS ist primär eine Erbkrankheit. Es wird vermutet, dass der Prozentsatz des genetischen Einflusses von ADHS über 70 % beträgt. Somit sind die Gene, die Sie von Ihren Eltern erben, ein wesentlicher – jedoch nicht einziger – Faktor bei der Entwicklung der Erkrankung sind.


Quellen

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