Fast jeder Mensch verbirgt von Zeit zu Zeit seine Gefühle.
Die Konfrontation mit den eigenen Gefühlen kann schwierig sein. Sie mit jemand anderem zu besprechen, insbesondere mit Ihrem Partner oder Partnerin, kann sich geradezu überwältigend anfühlen. Aber es ist wichtig für Ihre Beziehung: Das Reden über Gefühle schafft Vertrauen und Intimität.
Gelegentliche emotionale Unterdrückung verursacht in der Regel keine Probleme, solange Sie sie auf gesunde, produktive Weise verarbeiten können. Es kann jedoch zu einem Problem werden, wenn es zu einem Muster wird und Ihre Fähigkeit, authentisch zu kommunizieren, beeinträchtigt.
Im folgenden Artikel lernen Sie die Ursachen und Nachteile von Gefühlsunterdrückung kennen und welche Vorteile es birgt, seine Gefühle zu zeigen. Lernen Sie außerdem 4 Wege und Tipps kennen, wie Sie Ihre Gefühle erfolgreich zum Ausdruck bringen können.
Gefühle zeigen – Wieso fällt es einigen schwer?
Menschen unterdrücken im Allgemeine aus den folgenden Gründen ihre Gefühle:
1. Mangel an Selbstvertrauen
Wenn Sie mit der Botschaft aufwachsen, dass Ihre Meinung und Ihre Gefühle nicht zählen, werden Sie wahrscheinlich schon früh lernen, Ihre Gefühle zu verbergen.
Dies geschieht oft, wenn Eltern und Bezugspersonen Sie dafür verurteilen oder kritisieren, dass Sie Ihre Gefühle zum Ausdruck bringen. Dieses Urteil ist auch nicht auf negative Gefühle beschränkt.
Manche restriktiven Bezugspersonen tadeln Kinder für jeden Ausbruch, ob negativ oder positiv. Irgendwann fühlen Sie sich vielleicht nicht mehr sicher, wenn Sie Ihre Meinung und Ihre Gefühle äußern, sodass Sie sie verbergen, um weitere Kritik zu vermeiden.
Bezugsperson, die ihre eigenen Emotionen verbergen, können auch die Vorstellung verstärken, dass Sie das auch tun sollten.
2. Um nicht verletzt zu werden
Menschen verbergen oft Gefühle, um ihre Beziehungen zu schützen. Wenn jemand, der Ihnen wichtig ist, etwas tut, das Sie verärgert, verbergen Sie vielleicht Ihren Ärger.
Ja, sein/ihr Verhalten hat Sie verärgert. Aber wenn Ihr Gegenüber negativ reagiert, wenn Sie ihm sagen, wie Sie sich fühlen, könnten Sie damit einen noch schmerzhafteren Konflikt auslösen. Also entscheiden Sie sich stattdessen, den Konflikt ganz zu vermeiden.
Dieser Wunsch, Schmerz zu vermeiden, rührt oft von einem grundlegenden Mangel an Vertrauen in sich selbst und andere her.
Wenn Menschen in der Vergangenheit Ihre Gefühle manipuliert haben, fürchten Sie sich vielleicht davor, Ihre Gefühle einem neuen Menschen anzuvertrauen. Vielleicht fehlt Ihnen auch der Glaube an Ihre eigene Fähigkeit, Konflikte positiv und produktiv zu bewältigen.
3. Um keine „Schwäche“ zu zeigen
Das Zeigen von Emotionen kann Sie in eine verletzliche Lage bringen, und es ist ganz normal, dass Sie vermeiden wollen, anderen gegenüber Schwächen zu zeigen.
Vielleicht befürchten Sie, dass der Ausdruck bestimmter Emotionen dazu führen könnte, dass andere Sie verurteilen und glauben, Sie könnten Ihre Gefühle nicht kontrollieren. Infolgedessen verbergen Sie Ihre Traurigkeit, Angst, Frustration und andere sogenannte „negative“ Emotionen.
Sie könnten auch Bedenken haben, dass andere diese Gefühle gegen Sie verwenden könnten, insbesondere wenn Ihnen das schon einmal passiert ist.
Gefühle unterdrücken – Welche Nachteile hat es?
Das Unterdrücken von Emotionen kann erhebliche Auswirkungen auf die körperliche und emotionale Gesundheit haben.
1. Aufgestaute Emotionen
Wenn Sie so tun, als ob Sie bestimmte Gefühle nicht hätten, verbergen Sie sie vielleicht nach außen hin – aber dadurch verschwinden sie nicht. Wenn Sie Ihre Gefühle zurückhalten, können sie sich sogar noch verstärken.
Ein klassisches Beispiel dafür ist die Wut. Viele Menschen glauben, dass es besser ist, die Wut zu unterdrücken, als sie auszudrücken. Aber wenn Sie Ihre Wut unterdrücken, baut sich diese weiter auf und es fängt an, unter Ihrer Maske der Ruhe zu brodeln.
Wenn Sie es schließlich nicht mehr zurückhalten können, explodieren Sie vielleicht – und das nicht unbedingt gegenüber der Person, die Sie wütend gemacht hat.
2. Gestörte Kommunikation
Wenn Sie Ihre Gefühle verbergen, verhindern Sie eine klare Kommunikation mit Ihren Mitmenschen. Dieser Mangel an Kommunikation macht es schwierig, Konflikte zu bewältigen.
Wenn Sie Probleme nicht lösen können, werden diese wahrscheinlich immer wieder auftreten. Sie könnten schließlich wütend und nachtragend werden, und diese Gefühle könnten den Konflikt auslösen, den Sie vermeiden wollten. Sie könnten auch anfangen, Menschen zu meiden, die bestimmte Emotionen auslösen, und möglicherweise Beziehungen verlieren, die Sie schätzen.
Die Unterdrückung von Emotionen kann so sehr zur Gewohnheit werden, dass sie unbewusst abläuft und Sie anfangen, den Kontakt zu Ihren eigenen Gefühlen zu verlieren.
3. Beziehungsstress
Sie glauben vielleicht, dass Sie Ihre Gefühle recht gut verbergen können, aber Menschen, die Sie kennen, erkennen in der Regel, wenn Sie etwas bedrückt.
Das Beharren auf „Mir geht es gut“ und „Es ist alles in Ordnung“ kann sie verwirren und frustrieren, wenn das Gegenteil eindeutig der Fall ist. Wenn Ihr(e) Partner(-in) weiß, dass Sie nicht die Wahrheit sagen, könnten sie sich durch Ihr mangelndes Vertrauen verletzt fühlen und anfangen, das Vertrauen in Sie zu verlieren.
Wenn Ihr(e) Partner(-in) Ihnen glaubt, könnten sie das Vertrauen in ihre Fähigkeit verlieren, Sie zu verstehen, oder feststellen, dass sie Sie nicht so gut kennen, wie sie dachten. Schließlich könnten sie anfangen, die Stärke ihrer Liebe infrage zu stellen.
In beiden Fällen wird die Beziehung, die Sie schützen wollten, am Ende doch beschädigt.
4. Früher Tod
Ja, der Punkt mag dramatisch klingen. Doch eine 2013 veröffentlichte 12-Jahres-Studie legt einen Zusammenhang zwischen emotionaler Unterdrückung und dem Risiko eines frühen Todes nahe.
Eine mögliche Erklärung für diesen Zusammenhang lautet wie folgt: Die Unterdrückung von Gefühlen kann den Stress, den Sie erleben, verstärken. Unbewältigter Stress neigt dazu, im Körper zu verweilen, wo er zu Folgendem beitragen kann
- Schlafproblemen
- Diabetes
- Herzproblemen
- Bluthochdruck
Jedes dieser Probleme kann die langfristige Gesundheit und Langlebigkeit beeinträchtigen, vor allem wenn es nicht behandelt wird.
Gefühle zeigen – Welche Vorteile hat es?
Das Ausdrücken von Gefühlen kann verschiedene Vorteile haben:
1. Erhöhte Selbstwahrnehmung
Der Mensch ist ein Geschöpf der Sprache, und wenn dieses Werkzeug erfolgreich genutzt wird, versteht der Zuhörer(-in) Ihre Gefühle oft besser. Die Worte zu hören, die man spricht, hilft, die Gefühle zu verstärken. Der Austausch von Gefühlen mit anderen hilft einem Menschen, sich seiner selbst bewusster zu werden. In der Regel unterstützt der Zuhörer(-in) diesen Prozess, indem er das Gesagte neu formuliert und wiederholt, während der Sprecher(-in) über die Worte und Gefühle nachdenkt, die er oder sie ausgedrückt hat.
2. Verbesserte Beziehungen
Wenn Gefühle geteilt werden, empfinden beide Gesprächspartner:innen wahrscheinlich eine größere Nähe und Offenheit. Der Zuhörer(-in) könnte das als Zeichen von Vertrauen erkennen. Wenn eine Beziehung dagegen nur auf einem oberflächlichen Dialog beruht und Gefühle nie geteilt werden, liegt oft ein Mangel an Bindung vor. Gefühle sind persönlich. Wenn sie mit einer vertrauenswürdigen Person geteilt werden, wächst das Vertrauen zwischen den Parteien.
3. Größeres emotionales Wohlbefinden
Unausgesprochene Gefühle sterben nie. Wenn Sie einen Groll hegen, ohne der anderen Partei mitzuteilen, wie Sie sich im Unrecht fühlen, kann dies den Groll verstärken. Der Ausdruck „reinen Tisch machen“ bedeutet genau das. Sobald die Gefühle ausgedrückt wurden, fühlt sich die Person, die ihre Emotionen preisgibt, erleichtert und beruhigt. Diese Gefühle müssen jedoch auf nicht-aggressive Weise ausgedrückt werden, da sie sich sonst eher negativ als positiv auswirken können. Wenn die Person, die diese Emotionen in sich trägt, keinen vertrauenswürdigen Freund hat, kann ein professioneller Therapeut:in diese Aufgabe übernehmen.
Gefühle zeigen – Tipps und Wege
Es kann Zeit und Mühe kosten, zu lernen, seine Gefühle offen zu zeigen. Diese 4 Strategien können Ihnen helfen, sich mit Ihren Gefühlen wohler zu fühlen und den Drang zu überwinden, sie zu unterdrücken:
1. Achtsamkeit üben
Achtsamkeit bedeutet, dass Sie sich des gegenwärtigen Augenblicks bewusst sind und die Dinge so erleben können, wie sie geschehen.
Emotionale Achtsamkeit bedeutet, dass Sie Gefühle anerkennen und akzeptieren, wenn sie auftauchen, auch wenn Sie sie nicht sofort ausdrücken wollen.
Sie denken vielleicht: „Wow, ich bin gerade wirklich wütend. Ich will aber keinen Streit anfangen, also nehme ich mir einen Moment Zeit, bevor ich versuche zu erklären, warum ich so wütend bin.„
Indem Sie sich mit Ihren Gefühlen zurücklehnen, können Sie sie vollständig erfahren und verstehen. Dieses tiefere Verständnis kann es Ihnen erleichtern, Ihre Rolle in der Situation zu verstehen und mögliche Lösungen zu finden.
2. Versuchen Sie zunächst, Ihre Gefühle zu verstehen
Bevor Sie mit Ihrem Gegenüber sprechen, sollten Sie daran arbeiten, herauszufinden, wie Sie sich tatsächlich fühlen. Wenn Sie sich nicht darüber im Klaren sind, kann Ihr Gegenüber möglicherweise nicht ganz verstehen, was los ist.
Versuchen Sie Ihre Emotionen zu erforschen, um ihre Komplexität zu entwirren. Dies kann geschehen mit:
- Tagebuchaufzeichnungen über Emotionen und Gefühle
- offene Gespräche mit einem engen Freund:in
- Sitzungen mit einem Coach:in oder Therapeut:in
3. Das eigene Warum zu erkennen hilft
Wenn Sie Ihre Gefühle zum Ausdruck bringen wollen, sollten Sie sich Gedanken über Ihre Beweggründe machen.
- Warum sind diese Gefühle so wichtig?
- Möchten Sie, dass Ihr Gegenüber Ihnen bei der Bewältigung Ihrer Probleme hilft?
- Wird dies Ihre Beziehung stärken?
Überlegen Sie sich, warum Sie möchten, dass Ihr Gegenüber diese bestimmte Information erfährt.
Um sich Klarheit zu verschaffen, sollten Sie sich folgende Fragen stellen:
- Sind diese Gefühle auf meinen Gegenüber zurückzuführen?
- Will ich, dass mein Gegenüber etwas ändert?
- Möchte ich etwas mitteilen, das mir Sorgen bereitet?
- Möchte ich, dass mein Gegenüber mir zuhört oder Probleme mit mir löst?
4. Überlegen Sie, wie Sie Ihre Gefühle ausdrücken
Wenn Sie einen Satz mit den Worten ‚Ich fühle‚ beginnen, sollte das vierte Wort, das Sie sagen, ein Gefühl sein.
Zum Beispiel:
- Ich fühle mich gereizt
- Ich fühle mich frustriert
- Ich fühle mich missverstanden
Wenn das vierte Wort kein Gefühl ist, drücken Sie wahrscheinlich etwas anderes aus – einen Gedanken, eine Meinung, ein Urteil oder Kritik.
Es ist auch wichtig, um Feedback zu bitten. Sprechen Sie mit Ihrem Gegenüber, um zu sehen, ob das, was Sie sagen, für ihn Sinn macht, und fragen Sie ihn nach seiner Meinung. Oder noch besser: Fragen Sie die Person, wie er oder sie sich fühlt.
Wollen Sie lernen, Ihre Gefühle einfacher auszudrücken? Hier ist ein Vergleich der besten Gefühlskarten, die Ihnen bei dem Prozess helfen.
Häufig gestellte Fragen
Warum ist es wichtig, Gefühle zu zeigen?
Das Zeigen von Gefühlen hat verschiedene Vorteile:
– Verbessert die soziale Kompetenz, was zu gesünderen und glücklicheren Beziehungen führt
– Verbessert die Entscheidungsfindung
– Verbessert die Fähigkeit, Probleme zu lösen
– Erhöht die Resilienz
– Reduziert Stress
Warum können manche Menschen keine Gefühle zeigen?
Manche Menschen zeigen keine Gefühle, was auf Persönlichkeitsstörungen oder Bindungsstörungen zurückführen kann. Emotionale Abgehobenheit kann auch das Ergebnis eines akuten Traumas oder Missbrauchs sein. Eine medizinische bzw. psychologische Fachkraft kann möglicherweise erkennen, wenn Sie emotional nicht für andere verfügbar sind.
Wie erkenne ich, ob jemand Gefühle für mich hat?
Es kann vielen schwerfallen, ihre Gefühle klar ausdrücken. Doch zugleich kann auch das Deuten von Gefühlen zu Problemen führen. Es gibt verschiedene Punkte, an denen Sie erkennen, dass jemand Gefühle für sie hat:
– Sie tun aufmerksame Dinge für Sie.
– Sie kümmern sich darum, was in Ihrem Leben vor sich geht.
– Sie geben Ihnen das Gefühl, dass das, was Sie sagen, für sie wirklich wichtig ist.
– Sie erinnern sich an die Details.
– Sie sind offen und ehrlich zu Ihnen.
– Sie respektieren Ihre Grenzen.
Abschlusswort von Mentalwohl
Gelegentlich ist es ganz normal, Gefühle zu verbergen. In angespannten oder öffentlichen Situationen mag es sogar als die beste Lösung erscheinen.
Aber wenn Sie Ihre Gefühle unterdrücken, weil Sie fürchten, wie andere reagieren, verleugnen Sie am Ende Ihre eigenen Erfahrungen. Das mag wie ein guter Weg erscheinen, um Konflikte und emotionalen Schmerz zu vermeiden, aber am Ende nagt es an einem.
Es ist nicht immer leicht zu lernen, Gefühle authentisch auszudrücken, aber ein Therapeut:in kann dabei helfen. Die Werkzeuge, die Sie in der Therapie erlernen, können Sie dazu befähigen, offener zu kommunizieren, ohne sich von der Angst vor den möglichen Konsequenzen zurückhalten zu lassen.
Quellenverzeichnis
- Chapman, B. P., Fiscella, K., Kawachi, I., Duberstein, P., & Muennig, P. (2013). Emotion suppression and mortality risk over a 12-year follow-up. Journal of psychosomatic research, 75(4), 381-385.