Eine soziale Phobie ist eine psychische Störung, die durch eine überwältigende Angst vor bestimmten sozialen Situationen gekennzeichnet ist. Dinge, die Menschen normalerweise für selbstverständlich halten, lösen bei Betroffenen das Gefühl von Scham aus.
Insgesamt kann die soziale Phobie Ihr eigenes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen so sehr beeinträchtigen, wodurch Ihre Lebensqualität enorm darunter leiden kann.
Dieser Artikel erklärt die häufigsten Symptome der sozialen Phobie. Er beschreibt auch mögliche Ursachen und wie sich die Symptome bei Kindern anders darstellen können.
Was ist soziale Phobie?
Menschen mit sozialer Phobie (oder sozialer Angststörung) sind nicht einfach »nur schüchtern« (auch wenn das fälschlicherweise oft angenommen wird). Sie haben erhebliche und chronische Angst vor sozialen oder leistungsbezogenen Situationen, in denen sie sich schämen, zurückgewiesen oder kritisch beäugt werden könnten. In diesen Situationen & Kontakten treten bei betroffenen Menschen fast immer körperliche Angstsymptome auf.
Soziale Angststörungen lassen sich in zwei Haupttypen unterteilen: spezifische, bei denen eine oder mehrere Situationen gefürchtet werden, und generalisierte, die die Angst vor mehreren Situationen umfassen. Wenn Sie unter sozialer Phobie leiden, haben Sie vielleicht Angst davor, vor anderen zu sprechen, vor anderen aufzutreten oder einfach in der Nähe anderer Menschen zu sein.
Obwohl sie wissen, dass ihre Furcht unbegründet ist, scheinen Betroffene nichts dagegen tun zu können, sodass sie diese Situationen entweder ganz meiden oder sie unter starken Ängsten und Stress überstehen. Auf diese Weise geht die soziale Angststörung über die alltägliche Schüchternheit hinaus und kann extrem beeinträchtigend sein.
Soziale Phobie: Symptome & Anzeichen
Jeder Mensch macht andere Erfahrungen, aber die Symptome einer sozialen Phobie fallen in der Regel in drei verschiedene Bereiche: verhaltensbezogene, körperliche und kognitive Symptome.
1. Verhaltenssymptome
Eine soziale Phobie kann dazu führen, dass Sie sich auf bestimmte Weise verhalten. In vielen Fällen werden Sie feststellen, dass Sie Entscheidungen treffen, die auf Angst und Vermeidung beruhen und nicht auf Ihren tatsächlichen Vorlieben, Wünschen oder Ambitionen. Sie könnten zum Beispiel einen Kurs ausfallen lassen, um eine Präsentation zu vermeiden, oder eine berufliche Beförderung ablehnen, weil sie höhere soziale und leistungsbezogene Anforderungen bedeutet.
Im Folgenden finden Sie einige häufige Verhaltenssymptome:
- Sicherheitsverhalten: Maßnahmen, die ergriffen werden, um die Erfahrungen mit sozialen oder leistungsbezogenen Situationen zu kontrollieren oder einzuschränken
- Vermeidungsverhalten: Die Dinge, die Sie tun oder nicht tun, um die Angst vor sozialen oder leistungsbezogenen Situationen zu verringern
- Flucht: Verlassen oder Entkommen aus einer gefürchteten sozialen oder leistungsbezogenen Situation.
2. Körperliche Symptome
Die körperliche Seite der Symptome können bei einer sozialen Phobie extrem belastend sein. Zu den häufigen körperlichen Symptomen gehören:
- Herzklopfen (Palpitationen) und Herzrasen (Tachykardie)
- Kloß im Hals
- Verspannung der Muskeln
- Übelkeit
- Kribbeln
- Klingeln in den Ohren
- Zittern
- Verschwommene Sicht
- Erröten
- Schmerzen und Engegefühl in der Brust
- Schüttelfrost
- Diarrhö (Durchfall)
- Schwindel
- Trockener Mund
- Gefühle der Unwirklichkeit (Derealisation) oder Gefühle der Abgehobenheit von sich selbst (Depersonalisation)
- Kopfschmerzen
- Kurzatmigkeit
- Schwitzen
- Zitternde Stimme
In manchen Fällen können diese körperlichen Symptome so stark werden, dass sie sich zu einer ausgewachsenen Panikattacke ausweiten. Im Gegensatz zu Menschen mit einer Panikstörung wissen Menschen mit sozialer Phobie jedoch, dass ihre Panik durch Ängste vor sozialen und leistungsbezogenen Situationen ausgelöst wird und nicht durch Ängste vor den Panikattacken selbst.
3. Kognitive Symptome
Zur sozialen Angststörung gehören auch kognitive Symptome, d.h. dysfunktionale Denkmuster. Wenn Sie an dieser Krankheit leiden, werden Sie möglicherweise von negativen Gedanken und Selbstzweifeln geplagt, wenn es um soziale und leistungsbezogene Situationen geht.
Im Folgenden finden Sie einige häufige Symptome, die bei Ihnen auftreten können:
- Negative Voreingenommenheit: Eine Tendenz, positiven sozialen Kontakt zu vernachlässigen und die sozialen Fähigkeiten anderer zu überschätzen
- Negative Überzeugungen: Starke Überzeugungen über Ihre Unzulänglichkeit in sozialen und/oder leistungsbezogenen Situationen
- Negative Gedanken: Automatische negative Bewertungen über sich selbst in sozialen oder leistungsbezogenen Situationen
Stellen Sie sich zum Beispiel vor, Sie beginnen einen neuen Job oder kommen am ersten Tag in eine neue Klasse. Der Vorgesetzte oder Lehrer bittet jeden, sich der Gruppe vorzustellen.
Wenn Sie an einer sozialen Phobie leiden, könnten Sie negative Gedanken haben wie: ,,Alle anderen sehen so viel entspannter aus“, ,,Was, wenn ich etwas Dummes sage?“ oder ,,Was, wenn alle merken, dass meine Stimme zittert?“
Diese Gedanken geraten so schnell außer Kontrolle, dass Sie gar nicht mehr mitbekommen, was die anderen gesagt haben. Wenn Sie an der Reihe sind, sagen Sie so wenig wie möglich und hoffen, dass niemand Ihre Ängste bemerkt hat.
Negative Gedankenmuster können im Laufe der Zeit auch Ihr Selbstwertgefühl untergraben, daher ist es wichtig, sich behandeln zu lassen.
Soziale Phobie: Symptome bei Kindern
Soziale Phobien bei Kindern und Jugendlichen können sich anders äußern als bei Erwachsenen. Kleine Kinder mit dieser Störung können sich an ein Elternteil klammern, einen Wutanfall bekommen, wenn sie in eine soziale Situation gedrängt werden, sich weigern, mit anderen Kindern zu spielen, weinen oder über eine Magenverstimmung oder andere körperliche Probleme klagen.
Die Verhaltenshemmung in der Kindheit ist oft ein Vorläufer für spätere soziale Ängste. Später in der Pubertät vermeiden Jugendliche mit einer sozialen Phobie möglicherweise Gruppentreffen ganz oder zeigen wenig Interesse an Freunden.
Soziale Phobie: Verlauf
Jeder Fall von sozialer Phobie ist anders. Ihre spezielle Phobie folgt möglicherweise nicht einem „typischen“ Muster.
Im Allgemeinen scheint sich eine unbehandelte soziale Angststörung mit der Zeit zu verschlimmern.
Soziale Ängste können sich von der Angst vor einer einzelnen sozialen Situation auf mehrere Situationen ausweiten oder sich sogar zu einer generellen Angst vor Menschen entwickeln.
Extreme Fälle von unbehandelter sozialer Phobie können zu Isolation, Depression, anderen Angststörungen oder sogar Agoraphobie führen.
Der folgende Verlauf der sozialen Phobie gilt allgemein als typisch:
- Frühe Warnzeichen: Viele Menschen, die später eine soziale Phobie entwickeln, zeigten bereits in der frühen Kindheit Anzeichen von Schüchternheit und sozialer Ängstlichkeit.
- Alter beim ersten Auftreten: Obwohl eine soziale Phobie in jedem Alter auftreten kann, beginnt sie in der Regel im Alter von etwa 13 Jahren – einem Alter, in dem ein gewisses Maß an sozialem Unbehagen normal ist. Bei Jugendlichen und Kindern wird eine soziale Angststörung erst diagnostiziert, wenn sie länger als sechs Monate anhält.
- Fortschreitende Auswirkungen: Eine unbehandelte soziale Angststörung kann zu Schwierigkeiten bei der Arbeit und in sozialen Beziehungen führen, und die zunehmende Isolation kann die Entwicklung anderer Störungen begünstigen.
- Gleichzeitige Erkrankungen: Die Isolation und die Ängste, die mit einer sozialen Phobie einhergehen, wurden mit Depressionen, Drogenmissbrauch und weiteren Angststörungen in Verbindung gebracht.
- Prognose: Eine unbehandelte soziale Angststörung kann chronisch werden und das Leben zunehmend einschränken. Mit der Zeit kann es immer schwieriger werden, die Phobie zu bekämpfen und ein normales Leben zu führen. Mit einer Behandlung ist die Prognose jedoch äußerst positiv.
Soziale Phobie: Ursachen & Risikofaktoren
Wenn bei Ihnen eine soziale Phobie diagnostiziert wurde, fragen Sie sich vielleicht, was die Ursache für Ihre Erkrankung ist. Es gibt nicht nur einen einzigen ursächlichen Faktor, sondern es ist wahrscheinlich ein komplexes Zusammenspiel von Variablen, die zu dieser Störung führen.
1. Ursache: Genetik
Betroffene haben häufig bestimmte Gene, die Sie anfälliger für die Entwicklung der Störung machen. Wenn Sie einen Verwandten ersten Grades mit einer Sozialphobie haben, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie die Störung entwickeln, zwei- bis sechsmal höher.
Obwohl die Vererbbarkeit in Studien sehr unterschiedlich ausfallen kann, wird sie auf etwa 30 bis 40 Prozent geschätzt. Das bedeutet, dass etwa ein Drittel der Ursachen der sozialen Phobie auf Ihre Gene zurückzuführen ist. Die verbleibende Variation wird in der Regel auf Umweltfaktoren zurückgeführt.
Bislang haben die Forscher keine bestimmte genetische Ausstattung gefunden, die mit sozialer Phobie in Verbindung steht. Sie haben jedoch bestimmte Gene gefunden, die mit anderen Phobie wie Agoraphobie und Panikstörung in Verbindung stehen.
2. Ursache: Umwelt
Zu den psychosozialen Ursachen der sozialen Phobie gehören Faktoren aus dem Umfeld, die Sie beim Aufwachsen beeinflussen. Wenn ein Elternteil von Ihnen an einer sozialen Angststörung leidet, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass Sie die Störung selbst entwickeln. Dies könnte sowohl auf genetische als auch auf umweltbedingte Einflüsse zurückzuführen sein.
Psychologen haben Theorien darüber entwickelt, wie Kinder durch Lernen sozial ängstlich werden können.
- Direkte Konditionierung: Haben Sie Ihren Text im Klassenspiel vergessen? Haben sich andere Kinder über Sie lustig gemacht oder waren Sie das Opfer ständiger Hänseleien oder Schikanen? Es ist zwar kein notwendiger Auslöser, aber ein frühes traumatisches Ereignis kann sich auf die Entwicklung sozialer Ängste auswirken, manchmal noch Jahre später.
- Lernen durch Beobachtung: Wenn Sie selbst kein traumatisches Ereignis erlebt haben, haben Sie dann jemand anderen in einer traumatischen sozialen Situation gesehen? Für diejenigen, die bereits anfällig für diese Krankheiten sind, kann dies die gleiche Wirkung haben, wie wenn Sie die Situation selbst erlebt hätten.
- Informationen weitergeben: Ängstliche und sozial ängstliche Eltern geben unbewusst verbale und nonverbale Informationen über die Gefahren sozialer Situationen an ihre Kinder weiter. Wenn Ihre Mutter sich viele Gedanken darüber macht, was andere Leute von ihr denken, haben Sie wahrscheinlich selbst diese Angst entwickelt.
Auch Ihre Erziehung kann sich auf die Wahrscheinlichkeit auswirken. Kinder, die keine richtige Bindung zu ihrer primären Bezugsperson aufbauen, sind einem größeren Risiko ausgesetzt, da sie sich in Stresssituationen nicht selbst beruhigen und besänftigen können.
3. Ursache: Gehirnstruktur/Biologie
So wie man mit Röntgenstrahlen in den Körper „hineinsehen“ kann, so kann man das auch für das Gehirn tun. Medizinische Forscher verwenden eine Technik namens „Neuroimaging“, um ein Bild des Gehirns zu erstellen. Neuere Techniken können nicht nur die Struktur des Gehirns untersuchen, sondern auch die Art der Funktionen in bestimmten Regionen des Gehirns.
Bei psychischen Störungen können Forscher Unterschiede in der Durchblutung bestimmter Hirnregionen bei Menschen untersuchen, von denen bekannt ist, dass sie an einer bestimmten Störung leiden.
Wir wissen, dass bei Angstzuständen vier Bereiche des Gehirns betroffen sind.
- Das Stammhirn (kontrolliert Ihren Herzschlag und Ihre Atmung)
- Das limbische System (beeinflusst Ihre Stimmung und Ihren Angstpegel)
- Der präfrontale Kortex (hilft Ihnen, Risiken und Gefahren einzuschätzen)
- Der motorische Kortex (steuert Ihre Muskeln)
Neurotransmitter
Wenn Sie an einer sozialen Phobie leiden, liegt wahrscheinlich ein Ungleichgewicht bestimmter Chemikalien in Ihrem Gehirn vor, die als Neurotransmitter bezeichnet werden. Diese Neurotransmitter werden von Ihrem Gehirn verwendet, um Signale von einer Zelle zur anderen zu senden.
Neurotransmitter, die an Angstzuständen beteiligt sind:
- Noradrenalin
- Serotonin
- Dopamin
- Gamma-Aminobuttersäure (GABA)
Es hat sich gezeigt, dass Menschen mit sozialer Phobie einige der gleichen Ungleichgewichte bei diesen Neurotransmittern aufweisen wie Menschen mit Agoraphobie und Panikstörung. Zu verstehen, wie diese Gehirnchemikalien mit sozialer Angststörung zusammenhängen, ist wichtig, um die besten Medikamente für die Behandlung zu bestimmen.
4. Ursache: Gesellschaftliche Faktoren
Zu den gesellschaftlichen Faktoren, die die Entwicklung sozialer Ängste beeinflussen können, gehört das Aufwachsen in einer stark kollektivistisch geprägten Kultur, wie z.B. in Japan oder Korea. Das Syndrom taijin kyofusho beinhaltet in diesen Kulturen die Angst, andere Menschen in Verlegenheit zu bringen, und spiegelt eine Kultur wider, in der die Sorge darum, wie man sich in eine größere Gruppe einfügt, im Vordergrund steht.
Häufig gestellte Fragen
Wie äußert sich eine soziale Phobie?
Zu den Anzeichen und Symptomen einer sozialen Phobie können Folgende gehören:
- Angst vor Situationen, in denen Sie negativ beurteilt werden könnten.
- Die Sorge, sich zu blamieren oder zu demütigen.
- Starke Angst vor der Interaktion oder dem Gespräch mit Fremden.
- Angst, dass andere bemerken werden, dass Sie ängstlich aussehen.
Wie entwickelt sich eine soziale Phobie?
Es gibt verschiedene Ursachen, die zur Entwicklung einer sozialen Phobie beitragen. Kinder, die Hänseleien, Mobbing, Ablehnung, Spott oder Demütigung erfahren, können anfälliger für eine soziale Phobie sein. Darüber hinaus können auch andere negative Ereignisse im Leben, wie familiäre Konflikte, Traumata oder Missbrauch mit dieser Störung in Verbindung gebracht werden.
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Kann man eine soziale Phobie selbst heilen?
Bei manchen Menschen wird die soziale Phobie mit zunehmendem Alter besser. Sie können selbst viel tun, um Ihre Ängste und Sorgen in den Griff zu bekommen. Bei der Mehrheit verschwindet sie jedoch nicht von selbst ohne Behandlung. Es ist wichtig, sich Hilfe zu holen, wenn Sie Symptome haben. Es gibt Behandlungen (wie z.B. Psychotherapie), die Ihnen helfen können, die Störung in den Griff zu bekommen.
Was kann man gegen soziale Phobie machen?
Versuchen Sie einige Entspannungstechniken, wie z. B. Atemübungen gegen Stress. Teilen Sie schwierige Situationen in kleinere Teile auf und arbeiten Sie daran, sich bei jedem Teil entspannter zu fühlen. Versuchen Sie, sich auf das zu konzentrieren, was die Leute sagen, anstatt nur das Schlimmste anzunehmen.
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