Schizoide Persönlichkeitsstörung: Das WICHTIGSTE erklärt 

Stell dir vor, du bist in einem Raum voller Menschen, aber du fühlst dich, als wärst du in einer durchsichtigen Blase. Du siehst und hörst alles, was um dich herum passiert, aber du fühlst dich emotional distanziert, fast als ob du nicht wirklich da wärst. Dieses Gefühl der Distanz und Isolation kann ein Hinweis auf eine schizoide Persönlichkeitsstörung sein.

In diesem Artikel werden wir uns intensiv mit der schizoiden Persönlichkeitsstörung beschäftigen. Wir klären, was diese Störung genau ist, wie sie diagnostiziert wird und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt. Außerdem räumen wir mit einigen weit verbreiteten Mythen auf und zeigen, wie sie sich von ähnlichen Störungen unterscheidet.

Zusammenfassung:

  • Die schizoide Persönlichkeitsstörung ist eine komplexe psychische Erkrankung, die durch emotionale Distanz, sozialen Rückzug und ein geringes Bedürfnis nach sozialen Interaktionen gekennzeichnet ist.
  • Die Diagnose und Behandlung erfordern einen individuellen Ansatz und können Medikamente, kognitive Verhaltenstherapie und Gruppentherapie umfassen.
  • Selbsthilfe und Unterstützung durch Angehörige sind wertvolle Elemente im Umgang mit der Störung, und es gibt verschiedene Wege, um Unterstützung zu finden.

Schizoide Persönlichkeitsstörung – Was ist das?

Definition

Schizoide Persönlichkeitsstörung ist mehr als nur “gerne alleine sein”. Es handelt sich um eine ernsthafte psychische Erkrankung, bei der die Betroffenen Schwierigkeiten haben, emotionale Bindungen zu anderen Menschen aufzubauen. Sie ziehen sich oft von sozialen Aktivitäten zurück und zeigen wenig Interesse an engen Beziehungen, sogar in der Familie.

Statistiken

In Deutschland ist die schizoide Persönlichkeitsstörung relativ selten. Schätzungen zufolge sind etwa 0,5 bis 1% der Bevölkerung betroffen. Das mag wenig klingen, aber in einer Stadt wie Berlin würde das immerhin rund 20.000 Menschen entsprechen!

Mythen

Es gibt viele Mythen rund um diese Störung. Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass Menschen mit schizoider Persönlichkeitsstörung gefühlskalt oder sogar gefährlich sind. Das ist nicht wahr. Sie empfinden Emotionen, haben aber Schwierigkeiten, diese zu zeigen oder zu teilen.

Abgrenzung von ähnlichen Störungen

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Negative Glaubenssätze überwinden

Es ist leicht, die schizoide Persönlichkeitsstörung mit anderen ähnlichen Störungen wie der schizotypen Persönlichkeitsstörung oder Schizophrenie zu verwechseln. Obwohl die schizoide Persönlichkeitsstörung als eine der Schizophrenie-Spektrum-Störungen betrachtet wird und einige gemeinsame Symptome mit Schizophrenie und schizotypen Persönlichkeitsstörungen teilt, gibt es wichtige Unterschiede.

Menschen mit schizoider Persönlichkeitsstörung erleben selten Paranoia oder Halluzinationen. Zudem mögen sie in Gesprächen zwar distanziert und unnahbar wirken, aber sie sprechen in einer Weise, die Sinn ergibt. Das unterscheidet sie von den oft schwer verständlichen Sprechmustern, die bei Menschen mit Schizophrenie häufig vorkommen.

Schizoide Persönlichkeitsstörung: Diagnose nach ICD-11

Diagnosekriterien

Die Diagnose einer schizoiden Persönlichkeitsstörung nach ICD-11 ist ein mehrstufiger Prozess, der sich auf die Schwere der Störung und prominente Persönlichkeitsmerkmale konzentriert. Zu den Hauptkriterien gehören emotionale Kälte, sozialer Rückzug und das Fehlen enger Beziehungen. Die ICD-11-Klassifikation ermöglicht eine schnelle Beurteilung der Persönlichkeitsfunktion und der Schwere der Störung. Die Diagnose sollte von einem qualifizierten Facharzt gestellt werden und kann auch durch psychologische Tests und Gespräche mit Familienmitgliedern ergänzt werden.

Dauer der Symptome

Die Symptome sollten über einen längeren Zeitraum, in der Regel mindestens zwei Jahre, stabil sein. Diese Stabilität der Symptome ist entscheidend für die Diagnose und unterscheidet die Persönlichkeitsstörung von vorübergehenden psychischen Zuständen.

Aktuelle Daten

Die schizoide Persönlichkeitsstörung ist in der medizinischen Gemeinschaft ein heiß diskutiertes Thema. Aktuelle Forschungen zeigen, dass die Diagnosekriterien im Laufe der Zeit angepasst werden könnten. Es handelt sich um ein dynamisches Feld, das sich ständig weiterentwickelt.

Schizoide Persönlichkeitsstörung: Ursachen

Genetische Faktoren

Obwohl die genaue Ursache der Schizoiden Persönlichkeitsstörung nicht vollständig verstanden ist, gibt es Hinweise darauf, dass genetische Faktoren eine Rolle spielen könnten. Familienstudien haben gezeigt, dass Persönlichkeitsstörungen, einschließlich der Schizoiden Persönlichkeitsstörung, in Familien gehäuft auftreten können.

Umweltfaktoren

Einige Experten glauben, dass die Erziehung und die familiäre Umgebung während der Kindheit eine Rolle bei der Entwicklung dieser Störung spielen könnten. Ein Mangel an emotionaler Wärme, Vernachlässigung und ein distanziertes Familienumfeld könnten Risikofaktoren sein.

Psychologische Faktoren

Es gibt auch psychologische Theorien, die besagen, dass Menschen mit Schizoider Persönlichkeitsstörung möglicherweise eine Art von “Schutzmechanismus” entwickelt haben, um sich vor emotionalen Verletzungen zu schützen. Dies könnte eine Erklärung für ihre emotionale Distanz und ihr Desinteresse an sozialen Beziehungen sein.

Aktuelle Forschung

Die Forschung zu den Ursachen der Schizoiden Persönlichkeitsstörung ist noch im Gange. Es gibt jedoch eine Studie, die darauf hinweist, dass Einsamkeit ein entscheidender Faktor in der Ätiologie der Schizoiden Persönlichkeitsstörung sein könnte.

Schizoide Persönlichkeitsstörung: Behandlung

Die Behandlung der Schizoiden Persönlichkeitsstörung kann eine echte Herausforderung sein. Menschen mit dieser Störung suchen selten von sich aus Hilfe und tun sich oft schwer damit, eine therapeutische Beziehung aufzubauen. Die soziale Isolation, die diese Störung kennzeichnet, macht es zusätzlich schwierig, Unterstützung zu finden.

Medikamentöse Behandlung

Medikamente können zur Behandlung einiger Symptome wie Angst und Depression eingesetzt werden. Diese werden meist in Kombination mit anderen Therapieformen wie der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) oder Gruppentherapie verwendet.

Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)

KVT kann Menschen mit Schizoider Persönlichkeitsstörung dabei helfen, problematische Gedanken und Verhaltensweisen zu identifizieren und neue Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Da Einzeltherapie für Betroffene oft einschüchternd sein kann, ist es wichtig, dass Therapeuten behutsam vorgehen und keinen übermäßigen emotionalen Druck ausüben.

Gruppentherapie

Gruppentherapie kann eine Möglichkeit sein, soziale Fähigkeiten in einem geschützten Rahmen zu üben. Da Menschen mit dieser Störung oft Schwierigkeiten mit emotionaler Nähe haben, können sie in Gruppensettings dennoch von den Erfahrungen anderer profitieren.

Selbsthilfe und Coping

Auch wenn die Neigung zur Isolation stark ist, gibt es Wege, Unterstützung zu finden. So könnten Betroffene beispielsweise einer berufs- oder hobbybezogenen Gruppe beitreten. In solchen Kontexten fällt es oft leichter, soziale Kontakte zu knüpfen, ohne sich emotional überfordert zu fühlen.

Für Angehörige

Wenn du jemanden mit dieser Störung im Familien- oder Freundeskreis hast, ist Geduld und Verständnis gefragt. Versuche nicht, die Person zu Aktivitäten oder Beziehungen zu drängen, die ihr unangenehm sind. Stattdessen könnt ihr gemeinsam Aktivitäten finden, die keine hohe emotionale Investition erfordern.

Abschlusswort von Mentalwohl

Das Leben mit einer schizoiden Persönlichkeitsstörung oder das Leben an der Seite einer Person mit dieser Störung kann eine Herausforderung sein. Aber es ist wichtig zu wissen, dass du nicht allein bist. Es gibt Wege, um Unterstützung zu finden, und es gibt Therapieoptionen, die helfen können. Jeder Mensch ist einzigartig, und das gilt auch für die Art und Weise, wie wir mit psychischen Herausforderungen umgehen. Es ist nie zu spät, den ersten Schritt zu machen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Du bist es wert, ein erfülltes Leben zu führen, und es gibt Menschen und Ressourcen, die dir dabei helfen können.

Häufig gestellte Fragen

  • Wie erkennt man, ob jemand an einer schizoiden Persönlichkeitsstörung leidet?

    Es ist oft nicht offensichtlich, ob jemand an einer schizoiden Persönlichkeitsstörung leidet. Die Betroffenen wirken nach außen hin oft, als würden sie problemlos durchs Leben gehen. In Wirklichkeit kann ihre emotionale Distanz jedoch zu innerem Leid führen. Ein Fachmann für psychische Gesundheit kann die Diagnose stellen, basierend auf den Symptomen und Kriterien des DSM-5-TR (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5th edition, text revision).

  • Was sind die Ursachen der schizoiden Persönlichkeitsstörung?

    Die genauen Ursachen sind unbekannt, aber es könnte eine genetische Komponente geben. Einige Experten vermuten, dass eine kalte, emotionslose Kindheit zur Entwicklung der Störung beiträgt. Es gibt auch eine höhere Prävalenz der Störung bei Verwandten von Menschen mit Schizophrenie oder schizotypaler Persönlichkeitsstörung.

  • Wie wird die schizoide Persönlichkeitsstörung behandelt?

    Die Behandlung ist oft herausfordernd, da die Betroffenen selten von sich aus Hilfe suchen. Psychotherapie ist die am häufigsten verwendete Behandlungsform. Medikamente können eingesetzt werden, wenn zusätzlich psychologische Probleme wie Depressionen vorliegen. Das Hauptziel der Therapie ist oft, die allgemeinen Bewältigungsfähigkeiten zu verbessern und soziale Interaktionen, Kommunikation und Selbstwertgefühl zu fördern.


Quellen

  1. Esterberg ML, Goulding SM, Walker EF. Cluster A personality disorders: Schizotypal, schizoid and paranoid personality disorders in childhood and adolescenceJ Psychopathol Behav Assess. 2010;32(4):515-528. doi:10.1007/s10862-010-9183-8