Magersucht ist wie ein Eisberg, von dem nur die Spitze sichtbar ist. Was wir an der Oberfläche sehen, sind oft nur körperliche Veränderungen. Doch unter der Wasseroberfläche verbergen sich tiefgreifende emotionale und verhaltensbezogene Probleme, die weit komplexer sind als das, was das Auge sieht.
In diesem Artikel werden wir uns eingehend mit den verschiedenen Symptomen und Anzeichen der Magersucht befassen. Wir werden sowohl die körperlichen als auch die verhaltensbezogenen und emotionalen Aspekte beleuchten. Zudem werfen wir einen Blick auf atypische Symptome, die oft übersehen werden.
Zusammenfassung :
- Vielfältige Symptome: Magersucht zeigt sich in einer Reihe von körperlichen, verhaltensbezogenen und emotionalen Symptomen, die ernst genommen werden sollten.
- Atypische Fälle: Nicht alle Fälle von Magersucht sind “typisch” im Sinne von sichtbarem Gewichtsverlust; atypische Magersucht kann ebenso ernst sein und erfordert besondere Aufmerksamkeit.
- Professionelle Hilfe: Bei Anzeichen einer Magersucht ist es entscheidend, professionelle medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen, um eine genaue Diagnose und einen individuellen Behandlungsplan zu erhalten.
Magersucht: Anzeichen und Symptome
Magersucht ist eine potenziell lebensbedrohliche psychiatrische Störung und die tödlichste Essstörung mit einer der höchsten Sterblichkeitsraten aller psychischen Störungen. Sie beeinflusst nicht nur psychische, sondern auch körperliche Aspekte der Gesundheit. Magersüchtige glauben oft nicht, dass sie krank sind und versuchen möglicherweise, ihr geringes Gewicht zu verbergen.
Dies ist keine vollständige Liste von Anzeichen und Symptomen und viele Betroffene mit einer Magersucht haben nicht alle der unten aufgeführten Punkte. Außerdem sind diese Anzeichen und Symptome nicht immer spezifisch für Anorexie und können andere Krankheitszustände ebenfalls widerspiegeln.
1. Körperliche Symptome einer Magersucht
Magersucht zeichnet sich dadurch aus, dass die Nahrungsaufnahme zu gering ist. Die körperlichen Symptome sind darauf zurückzuführen, dass dem Körper essenzielle Nährstoffe vorenthalten werden, da der Körper gezwungen ist, seine Ressourcen zu schonen, um zu überleben.
Viele dieser körperlichen Symptome treten nur in schweren Fällen von Magersucht auf. Sie können auch Symptome anderer Erkrankungen sein, daher ist es wichtig, sich von einem Arzt untersuchen zu lassen, um eine korrekte Diagnose zu stellen und einen passenden Behandlungsplan zu erhalten. Zu den körperlichen Symptomen gehören:
- Müdigkeit und Schwäche: Betroffene fühlen sich oft schwach und energielos, da der Körper nicht genügend Nährstoffe erhält.
- Bauchschmerzen und Verstopfung: Verdauungsprobleme wie Bauchschmerzen und Verstopfung können häufig auftreten.
- Anämisch und leichte blaue Flecken: Ein Mangel an Eisen und anderen Nährstoffen kann zu Anämie und leichtem Auftreten von blauen Flecken führen.
- Brüchige Nägel: Die Nägel können brüchig werden und leicht brechen.
- Kalte Hände und Füße: Viele Menschen mit Magersucht klagen über kalte Hände und Füße.
- Flaumiges Haar am ganzen Körper (Lanugohaar): Ein flaumiges Haar kann sich über den Körper verteilen, da der Körper versucht, Wärme zu speichern.
- Trockenes und dünner werdendes Haar: Ein Mangel an wichtigen Nährstoffen kann zu trockenem und dünnem Haar führen.
- Extreme Dehydration: Der Körper kann extrem dehydriert sein, was weitere gesundheitliche Probleme verursachen kann.
- Haarausfall auf der Kopfhaut: In einigen Fällen kann es sogar zu Haarausfall kommen.
- Benommenheit oder Gleichgewichtsverlust: Dies kann zu Ohnmacht und weiteren gesundheitlichen Risiken führen.
- Verlust der Knochendichte (Osteoporose): Ein Mangel an Kalzium und anderen Mineralien kann die Knochendichte beeinträchtigen.
- Bei Frauen: Verlust oder Verzögerung der Menstruation: Dies kann langfristig die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.
- Niedriger Blutdruck und Herzfrequenz: In schweren Fällen können Herzrhythmusstörungen und niedriger Blutdruck auftreten.
- Muskelverlust und -schwäche: Der Körper kann Muskelmasse verlieren, was zu weiterer Schwäche führt.
- Blasse, trockene Haut: Die Haut kann blass und trocken erscheinen.
- Kälteempfindlichkeit: Viele Menschen mit Magersucht sind besonders kälteempfindlich und frieren schnell.
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2. Verhaltenssymptome einer Magersucht
Die Verhaltenssymptome sind oft die ersten Anzeichen, die von der Umgebung bemerkt werden. Sie können etwas früher als einige der körperlichen Anzeichen bemerkt werden:
- Klagen über Bauchschmerzen: Oftmals klagen Betroffene über Bauchschmerzen, auch wenn keine körperliche Ursache dafür vorliegt.
- Kocht für andere, isst aber selbst nicht: Es ist nicht ungewöhnlich, dass die betroffene Person gerne für andere kocht, sich aber weigert, selbst zu essen.
- Verneint Hungergefühle: Trotz offensichtlicher Anzeichen von Unterernährung gibt die Person nicht zu, hungrig zu sein.
- Drang zum exzessiven Sport: Selbst bei unpassenden Gelegenheiten, wie schlechtem Wetter oder geplanten Terminen, besteht der Drang, Sport zu treiben.
- Ungewöhnliche Lebensmittelkombinationen: Das Essen von seltsamen Kombinationen von Lebensmitteln kann ein weiteres Anzeichen sein.
- Extremer Perfektionismus: Ein übermäßiges Bedürfnis nach Perfektion kann sich in verschiedenen Lebensbereichen zeigen, einschließlich der Kontrolle über Essen und Körpergewicht.
- Schnelle Ermüdung: Aufgrund der Unterernährung und des Energiemangels kann die Person schnell ermüden.
- Tragen von Winterkleidung bei warmem Wetter: Um den Gewichtsverlust zu verbergen oder wegen Kälteempfindlichkeit wird oft unangemessene Kleidung getragen.
- Vermeidung des Essens durch Ausreden: Häufig werden Ausreden wie “Ich habe schon gegessen” verwendet, um Mahlzeiten zu vermeiden.
- Verstecken von Lebensmittel: Manchmal werden Lebensmittel versteckt, um den Anschein zu erwecken, gegessen zu haben.
- Besessenheit mit Lebensmitteln: Ein übermäßiges Interesse an Kochbüchern, Kochsendungen und anderen lebensmittelbezogenen Themen kann beobachtet werden.
- Verweigerung bestimmter Lebensmittelgruppen: Oft werden ganze Lebensmittelgruppen wie Kohlenhydrate oder Desserts vermieden.
- Seltsame Essrituale: Die Verwendung bestimmter Utensilien oder das Zerlegen der Mahlzeiten in kleine Teile können weitere Anzeichen sein.
- Plötzliche Ernährungsumstellungen: Extreme Veränderungen, wie der plötzliche Wechsel zu einer veganen Ernährung, können ebenfalls ein Symptom sein.
- Angst vor Gewichtszunahme: Trotz des offensichtlichen Gewichtsverlusts besteht die Angst vor einer Gewichtszunahme.
- Übermäßiger Fokus auf Essen und Gewicht: Gespräche drehen sich oft nur noch um Essen, Gewicht und Diäten, was normale Gespräche erschwert.
- Häufiges Wiegen und Körperkontrolle: Die betroffene Person wiegt sich oft und überprüft ständig ihre Körperform im Spiegel.
- Sozialer Rückzug: Es kommt zum Rückzug von Freunden und Familie, um Fragen zum eigenen Verhalten oder Zustand zu vermeiden.
- Mögliche Verwendung von Abführmitteln oder Erbrechen: In einigen Fällen kann es zum selbstinduzierten Erbrechen oder der Verwendung von Abführmitteln kommen, um Gewicht zu verlieren.
Lies als Nächstes: Ursachen einer Essstörung
3. Emotionale Symptome einer Magersucht
Einige dieser Symptome sind für Außenstehende möglicherweise schwieriger zu erkennen. Allerdings sollten viele Familienmitglieder und enge Freunde in der Lage sein, jene Warnsignale zu bemerken:
- Angstzustände: Viele Menschen mit Magersucht erleben erhöhte Angstzustände, die sich in verschiedenen Lebensbereichen manifestieren können.
- Depression: Ein Gefühl der Niedergeschlagenheit oder Hoffnungslosigkeit ist nicht ungewöhnlich und sollte ernst genommen werden.
- Instabiles Selbstwertgefühl: Das Selbstwertgefühl ist oft eng mit dem Aussehen und dem Gewicht verknüpft, was zu einem verzerrten Körperbild führen kann.
- Leichte Reizbarkeit: Aufgrund der emotionalen und physischen Belastung kann die Person leicht reizbar und launisch sein.
- Extreme Selbstkritik: Ein übermäßig kritischer Umgang mit sich selbst, insbesondere in Bezug auf den eigenen Körper und das Essverhalten, ist häufig.
- Wenig Motivation für soziale Interaktion: Es besteht oft wenig Interesse oder Motivation, sich auf Beziehungen oder soziale Aktivitäten einzulassen.
- Starker Bedarf an Anerkennung: Ein übermäßiges Bedürfnis nach Bestätigung und Anerkennung kann ebenfalls ein Warnsignal sein.
Wichtig zu beachten: Nicht alle Menschen mit Magersucht sind sichtbar abgemagert. Es gibt auch atypische Fälle, bei denen die Person als “normalgewichtig” angesehen wird, aber dennoch an Gewicht verloren hat und die emotionalen Symptome zeigt.
Wenn du oder jemand, den du kennst, diese emotionalen Symptome zeigt, ist es wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein Arzt oder eine medizinische Fachkraft kann eine genaue Diagnose stellen und einen geeigneten Behandlungsplan empfehlen.
Atypische Magersucht-Symptome
Atypische Magersucht unterscheidet sich insofern von der “typischen” Form, als dass die betroffene Person nicht unbedingt einen signifikanten Gewichtsverlust aufweist. Tatsächlich kann jemand mit atypischer Magersucht ein Gewicht innerhalb oder sogar oberhalb des normalen Bereichs für sein Alter und Geschlecht haben.
Trotz der Unterschiede in der Gewichtskategorie teilen atypische und typische Magersucht viele Merkmale, darunter eine übermäßige Fokussierung auf Körperform und Aussehen, Angst vor Gewichtszunahme und eingeschränkte Energieaufnahme:
- Vermeidung von Essenssituationen:
Personen mit atypischer Magersucht finden oft Ausreden oder vermeiden gezielt Situationen, in denen Essen eine Rolle spielt. - Starrer Essplan:
Ein extrem rigider Essensplan oder eine feste Routine kann ein weiteres Warnsignal sein. - Besessenheit mit Körpergröße oder -form:
Trotz eines “normalen” Gewichts kann die betroffene Person besessen von ihrer Körpergröße oder -form sein. - Falsche Selbstwahrnehmung:
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Personen mit atypischer Magersucht glauben, übergewichtiger zu sein, als sie tatsächlich sind.
Wichtig zu beachten: Da die betroffene Person normalgewichtig oder sogar übergewichtig sein kann, ist die Diagnose oft schwieriger zu stellen. Dennoch sind die emotionalen und verhaltensbezogenen Symptome ähnlich und sollten ernst genommen werden.
Wenn du oder jemand, den du kennst, Anzeichen einer atypischen Magersucht zeigt, ist es wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein Arzt oder eine medizinische Fachkraft kann eine genaue Diagnose stellen und einen geeigneten Behandlungsplan empfehlen.
Abschlusswort von Mentalwohl
Magersucht ist eine komplexe und ernste Erkrankung, die weit mehr als nur das Körpergewicht betrifft. Es ist wichtig, die verschiedenen Symptome – körperlich, verhaltensbezogen und emotional – zu erkennen und ernst zu nehmen. Wenn du oder jemand, den du kennst, Anzeichen einer Magersucht zeigt, ist der erste Schritt zur Besserung, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Du bist nicht allein auf diesem Weg, und es ist nie zu spät, den ersten Schritt zu machen. Es gibt Hilfe und Hoffnung, und jeder Tag ist eine neue Chance, den Weg zur Genesung einzuschlagen.
Häufig gestellte Fragen
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Woran erkennt man Magersucht?
Hier sind 7 Warnsignale, an denen man eine Magersucht (vor allem bei Teenager/ Jugendlichen) erkennen kann:
– Oft starkes Untergewicht
– Extreme Angst vor Gewichtszunahme
– Vermeidung von Essen und Verleugnung von Hunger
– Besessenheit mit nahrungsbezogenen Themen
– Restriktives Essverhalten (Diät und Kalorienzahlen)
– Exzessiver Sportdrang
– Bestimmte Essgewohnheiten oder Rituale -
Kann man Magersucht haben, auch wenn man nicht untergewichtig ist?
Ja, es gibt eine Form der Magersucht, die als “atypische Magersucht” bekannt ist. Personen mit atypischer Magersucht können ein Gewicht innerhalb oder sogar oberhalb des normalen Bereichs für ihr Alter und Geschlecht haben. Die emotionalen und verhaltensbezogenen Symptome sind jedoch ähnlich und sollten ernst genommen werden.
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Was sind die ersten Schritte zur Behandlung von Magersucht?
Der erste Schritt zur Behandlung von Magersucht ist die Inanspruchnahme professioneller medizinischer Hilfe. Ein Arzt oder eine medizinische Fachkraft kann eine genaue Diagnose stellen und einen individuellen Behandlungsplan empfehlen, der Ernährungsberatung, psychotherapeutische Unterstützung und gegebenenfalls medikamentöse Behandlung umfassen kann.
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